Die Polizei ist außer Kontrolle

■ Direkt nach der Vereidigung will Schwarz-Schill die Polizeikommission abschaffen

Für Hamburgs Rechtskoalitionäre gibt es scheinbar bei keinem anderen Thema ähnlich eiligen Handlungsbedarf wie bei dem einen: Die Abschaffung der Polizeikommission. Direkt nach der Vereidigung des Rechtsblock-Senats am Mittwoch in der Bürgerschaft soll das Parlament über den Vorschlag von CDU, Schill–Partei und FDP beschließen. Die Polizeigewerkschaft jubelt über den Wegfall der Kontrollstelle, doch PolizistInnen geht eine wichtige Anlaufstelle verloren.

Die Handlungsgeschwindigkeit verblüfft. Denn die Polizeikommission (PoKo) hat sich in den drei Jahren ihres Wirkens oft auch als harmlos erwiesen. Die dreiköpfige PoKo war 1998 von Rot-Grün als Kompromiss ins Leben gerufen worden. Ihr gehörten bis Oktober 2000 auf Vorschlag der Rathausparteien der Anwalt Ralf Heine, der Kriminologe Fritz Sack und die Ex-Bezirksamtsleiterin Ingrid Soering an. Inzwischen sind drei neue Mitglieder berufen worden. Ursprünglich hatten die Grünen als Konsequenz aus den Polizeiskandalen die Einsetzung eines Polizeibeauftragten gefordert.

Aufgabe der PoKo war es nicht nur, Beschwerden aus der Bevölkerung über polizeiliches Fehlverhalten wie Beleidigungen, Körperverletzung bishin zu irrtümlichen Erschießungen im Einzelfall aufzuarbeiten, sondern auch „strukturelle Fehlentwicklungen“ zu erkennen. Dabei stießen die drei Mitglieder immer wieder an Grenzen. Nur schwerlich waren die „Mauer des Schweigens“ und der Korpsgeist zu durchbrechen, berichtete Heine bei der Vorlage des ersten Berichts 2000. Über 130 Fälle hatte die PoKo bis dato bearbeitet. Zudem waren den ehrenamtlichen Mitgliedern – die die Aufgaben ohnehin kaum bewältigen konnten – immer wieder Steine von der Polizei und Staatsanwaltschaft in den Weg gelegt worden, indem ihnen wichtige Akten zunächst vorenthalten wurden. Zwar sind die Kompetenzen seit November 2000 ein wenig erweitert worden, zu fürchten bräuchten sich Polizei und Rechtsblock jedoch nicht. „Die Erweiterung hat zu keinen gravierenden Veränderungen geführt“, sagt PoKo-Geschäftsführer Werner Lehne, „die Verzögerungen sind nur kleiner geworden.“

Während in Zukunft „dem Bürger“ bei Polizei-Übergriffen immer noch die Strafanzeige beim „Dezernat Interne Ermittlungen“ übrig bleibt, geht den PolizistInnen ein internes Beschwerdeinstrument verloren. Denn der PoKo konnten Polizis-tInnen Missstände ohne förmliche Anzeige anonym melden, ohne Gefahr zu laufen, im Kollegen-Kreis als „Nestbeschmutzer“ dazustehen. Die im Polizeiskandal aufgedeckten Straftaten hatten damals nur so lange im Verborgenen bleiben können, weil die anzeige- und aussagewilligen BeamtInnen sich nicht ihren Vorgesetzten anvertrauen konnten. Wegen des Beamtenstatus hätte nach dem Legalitätsprinzip bei internen Beschwerden sofort Anzeige erstattet werden müssen. Als die Übergriffe dann doch aufflogen, wurde damals gegen Beamte wegen Strafvereitelung im Amt ermittelt.

Zudem bearbeitete die PoKo auch interne Beschwerden wegen Mobbing und sexueller Nötigung. In einem Fall sexueller Belästigung einer Beamtin konnte die Kommission sogar einen Erfolg verbuchen und schnelles Handeln erwirken. Auf ihre Intervention versetzte Innensenator Hartmuth Wrocklage ausnahmsweise nicht die von sexueller Nötigung betroffene Beamtin, sondern den Vorgesetzten. Kai von Appen