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: Die Abrafaxe

Die auf rauhem Papier gedruckten Hefte waren eine Rarität, nie wurden genug Exemplare gedruckt. Für mein Mosaik musste sich die Kassiererin tief unter die Kasse beugen, dort wartete neben anderen für Bekannte hinterlegte Zeitschriften die einzig nennenswerte Comicserie der DDR. Deren Helden, die drei Abrafaxe, durften in aller Welt herumreisen und Abenteuer erleben. Mit Bildungsauftrag zu kulturhistorischen Erklärungen. Und in weit zurück liegende Zeiten, um ja nicht den Gedanken an Republikflucht aufkommen zu lassen.

Das Mosaik hat als eine der wenigen DDR-Publikationen die Wende überlebt und setzt monatlich 100.000 Hefte auf Hochglanzpapier ab, rund zwei Drittel davon im Osten. Mit einem Kinofilm soll nun der Westen erobert werden. Ob das gelingt, ist fraglich. Denn der Trickfilm, für 11,5 Millionen Mark in Berlin und Saigon produziert, ist ein konventioneller Film mit schlapper Story, öder Musik und meist unlustigen Dialogen. Dafür finden immerhin die Kleinen die Geschichte spannend, stehen im Kino vor lauter Aufregung schon mal auf, wenn vorn auf der Leinwand mit Säbeln gefochten wird.

Die drei Abrafaxe mit den zungenbrecherischen Namen Abrax, Brabax und Califax reisen wie im Comic durch die Zeit und landen dank einer goldenen Schale auf einer spanischen Galeone. Deren Kommandeur ist auf der Suche nach Eldorado, einer Insel voller Gold. Dumm, dass sich die Schale als eine Art zu entschlüsselnder Wegweiser entpuppt. Die Abrafaxe lassen sich ihren Garant für die Rückkehr klauen, abenteuerliche Verwicklungen nehmen ihren Lauf. Piraten tauchen auf. Einer ist böse und verfällt am Ende zu Staub. Eine Piratin ist lieb und attraktiv. Schön, dass Nena ihre Stimme der Piratin leiht und auch noch den Titelsong singt. „Lass deine Leinen los, wenn der Wind sich dreht“ ist durchaus als Botschaft des Kinderfilms zu verstehen, denn am Ende wird natürlich alles gut. Die Abrafaxe kriegen ihre Schale wieder, finden den Weg nach Eldorado und nach Hause. Die Piratin, der alten Heimat beraubt, bleibt auf der Insel zurück. Was soll das ganze Gold, sagt sie, nichts ist so wertvoll wie ein Zuhause.

Das wahre Zuhause der Abrafaxe aber war die DDR. Deshalb kann der Kinofilm von Gerhard Hahn, bekannt durch seine „Werner“-Filme, wirklichen Mosaik-Fans nur schwer gefallen. Die dürften lieber in ihren alten Heften blättern oder sich ein neues Abenteuer kaufen, in dem die Phantasie noch eine Rolle spielen darf. Eine 26-teilige Fernsehserie aber ist auch schon geplant.

ANDREAS HERGETH

„Die Abrafaxe – unter schwarzer Flagge“. Regie: Gerhard Hahn, Deutschland 2001, 82 Min.