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Wildcard bleibt ungenutzt

Der THW Kiel darf bei der Handball-EM der Vereinsmannschaften in eigener Halle zwar mitwirken, den in diesem Jahr noch fehlenden Titel aber können die Zebras auch dabei nicht gewinnen

aus Kiel ANKE BARNKOTHE

Sportlichen Erfolg kann man doch nicht kaufen. Und so nutzte dem THW Kiel auch die von der Europäischen Handball-Föderation (EHF) für die Ausrichtung der sechsten Europameisterschaft der Vereinsmannschaften vergebene Wildcard nichts: Das Jahr 2001 wird zu Ende gehen, ohne dass das Bayern München des Handballs auch nur einen einzigen Titel gewonnen hat. Nach Meisterschaft, nationalem Pokal und Champions League verpassten die Kieler nun auch den Titel bei der ohnehin etwas künstlich anmutenden EM der Vereinsmannschaften. Die 29:28-Niederlage nach Siebenmeterwerfen gegen den spanischen Champions-League-Sieger Portland San Antonio bedeutete das frühzeitige Scheitern, im Finale (bei Redaktionsschluss noch nicht beendet) trafen die Spanier auf den SC Magdeburg, der sich zuvor mit 27:25 gegen die SG Flensburg-Handewitt durchgesetzt hatte.

Normalerweise wären die Kieler bei dem Event ja ohnehin erst gar nicht mit von der Partie gewesen; in den vergangenen fünf Jahren jedenfalls waren lediglich die Sieger aus Champions League (Portland), dem Europapokal der Pokalsieger (Flensburg-Handewitt), des EHF-Cups (Magdeburg) und des City-Cups zugelassen. Da Letzterer, ausgespielt unter den Dritt- bis Fünftplazierten der nationalen Ligen, an internationaler Wertigkeit verloren hat, entschloss sich die EHF erstmals zur Vergabe einer Wildcard für den somit noch freien vierten Platz an einen Verein nach eigenem Gusto.

„Der THW war unser Wunschkandidat“, gab der in der EHF für den Spielbetrieb zuständige Slowene Josef Ambrus zu. „Wir haben mit den Kielern bereits im Februar das erste Mal gesprochen und sind uns dann recht schnell einig geworden. Der THW ist ein Club mit Renommee, große Zuschauerzahlen und ein hohes Medieninteresse sind gewährleistet.“ Kiels Manager Uwe Schwenker bestätigte den problemlosen Handelsakt, der die THW-Kasse zunächst mit der vorab zu zahlenden Garantiesumme von rund 200.000 Mark belastete. Wirtschaftlich stellte das für die Norddeutschen allerdings kein Risiko dar. Die Vermarktung war durch Sponsoren schnell gewährleistet, obwohl die Teilnehmer auch zum endgültigen Vergabedatum noch nicht feststanden. „Wir sind von Barcelona ausgegangen“, sagt Schwenker; und aus rein sportlicher Sicht hätte manches durchaus für diese Wahl gesprochen: Barca hat den Titel seit Bestehen des Events viermal in Folge gewonnen und musste sich lediglich im letzten Jahr – in einer ähnlichen Pechsträhne wie der THW befindlich – Pamplona geschlagen geben. Dass es dann doch der THW Kiel wurde, begründete Ambrus eher schlicht: „Wir wollten vor allem der vermeintlichen spanischen Vormachtstellung in Europa Einhalt gebieten.“

Zumindest am Samstag gelang das nicht, der THW wurde von Portland gleich in der ersten Partie aller Hoffnungen beraubt. Zugute halten muss man den Kielern jedoch, dass dies in einem an Spannung und Klasse kaum zu überbietenden und allemal vorweggenommenen Endspiel gegen den amtierenden Meister der Champions League geschah, in dem Kiel die mit Abstand stärkste Saisonleistung zeigte. „Ein Unentschieden wäre gerecht gewesen“, befand denn auch Portlands Trainer Francisco Javier Equisoain, um sich dennoch über das „Glück in der Lotterie“ zu freuen, wie er den anschließenden Sieg per Siebenmeterwerfen bezeichnete.

Getrost hätte der Spanier auch noch den „Lottokönig“ in seinen Reihen benennen können. Dies wäre sein in der Liga noch gar nicht zum Einsatz gekommener kubanischer Torwart Vladimir Rivero gewesen, der zwei der fünf Penalties parierte. Womit Rivero einen weitaus glücklicheren Einstand feierte als sein Landsmann und langjähriger Nationalmannschaftskollege beim THW. Denn anders als ein von der Kieler Presse lanciertes Gerücht, war es das 27-jährige Sprungwunder Julio Fis und nicht der 32-jährige französische Spielmacher Jackson Richardson, den der THW in einer Blitzaktion zunächst bis zum Jahresende aus Spanien ausgeliehen hat und der im Rahmen der Veranstaltung erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Wenn es denn schon mit dem Gewinn des Titels nichts wurde, so können sich die Kieler Handballfreunde künftig wenigstens an ihm erfreuen.

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