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Ganz ohne Retro

„Echo & The Bunnymen“ geben heute im Logo womöglich eins ihrer letzten Konzerte  ■ Von Felix Bayer

„,Das ist Duke', sagte Pete Wylie, ,,er wäre gerne Dave Bowie.'“ Julian Cope erinnert sich an seine erste Begegnung mit Ian McCulloch, 1977. In der Liverpooler Punk-Szene nennen ihn alle Duke McCull. Und Julian Cope, der seine Erinnerungen in dem schönen Buch Head-On aufgeschrieben hat, bleibt skeptisch: „Die Idee, dass dieser Typ ,Dave' Bowie sein könnte, war so abwegig, dass ich nicht einmal lachte.“ Cope, Wylie und McCulloch nannten sich bald The Crucial Three, nahmen aber nie eine Platte auf. Später sollten alle drei große Erfolge landen, Cope mit Teardrop Explodes, Wylie mit The Mighty Wah! und Ian McCulloch mit Echo & The Bunnymen.

Letzterer hatte schon damals seine Rolle gefunden: die des Großmauls mit unerschütterlichem Selbstbewusstsein. Ihre Platte Ocean Rain nannten Echo & The Bunnymen 1984 „The greatest LP ever made“. Für Zeitgenossen hatte er nur Verachtung übrig: „The Jam und Style Council, das müssen zwei der beschissensten Namen überhaupt sein. Drei sogar, nimmt man Paul Weller hinzu.“ Auf der Bühne stand der Sänger unbewegt, in langem Mantel, mit Sonnenbrille und schürzte seine dicken Lippen.

Ian McCulloch hätte es sich nie anmerken lassen, aber es musste ihn wurmen, dass U2 Weltstars wurden, mit ähnlich heroischen Songs wie die Bunnymen, mit einem Gitarristen, dessen Stil ganz ähnlich dem von Bunnyman Will Sergeant war. Seine eigene Band hatte hingegen nur zwei Top-Ten-Hits in Großbritannien (“The Cutter“ und „The Killing Moon“). Ende der 80er stieg McCulloch aus, bald darauf kam der Schlagzeuger Pete de Freitas bei einem Motorradunfall ums Leben.

Das Comeback kam 1997. Nach halbgaren Soloplatten und Seitenprojekten waren die drei überlebenden Bunnymen wieder vereint, die erste Single nach der Pause hieß „Nothing Lasts Forever“ und wurde der dritte britische Top-Ten-Hit. Bei den Konzerten lag der Schwerpunkt auf alten Songs, doch es war keine reine Retro-Show: Vereinzelte neue Songs, ein Pathos kurz vor dem Übergang zum Kitsch, dazu McCullochs ungebrochenes Cha-risma – es war ein erstaunlich würdevolles Comeback.

Und doch kam es vielleicht zu früh. Erst in diesem Jahr krochen von Soft Cell über Terence Trent d'Arby bis zu Rick Astley fast alle wieder aus den Löchern, die in den Achtzigern etwas gegolten hatten, angelockt von einem Revival, das allerdings vor allem bestimmten Synthie-Sounds und der Künstlichkeit der Haltung zu gelten scheint. Echo & the Bunnymen hätten da nicht hineingehört, sie waren schon damals eher eine Antithese zum offensiv Modischen. Seit ihrem Comeback haben sie vor allem daran gearbeitet, wieder eine ganz normale Band zu werden: Mit Flowers erschien im Frühjahr schon das dritte Album seit ihrer Rückkehr.

Aber die Neugierde lässt spürbar nach. Aus ihrem Major-Vertrag entlassen, nachdem 1999 das eigentlich sehr schöne, ruhige Album What Are You Going To Do With Your Life die Verkaufserwartungen nicht erfüllte, sind sie nun beim Label Cooking Vinyl angekommen, dem bewährten Alterssitz für britische Pop-Romantiker. Original-Bassist Les Pattinson ist längst wieder ausgestiegen, Gitarrist Will Sergeant darf auf Flowers wieder etwas lauter Gitarre spielen, und Ian McCulloch plant schon ein Soloalbum.

In den USA werden die Bunnymen zusammen mit Psychedelic Furs auf Tour gehen, das klingt sehr nach einem Nostalgiker-Paket. Und in Hamburg spielten sie zuletzt noch in der Markthalle, diesmal reicht es nur für das Logo. Der Verdacht liegt nahe, dass wir wohl nicht mehr allzu viele Auftritte von Echo & The Bunnymen erleben werden. Obwohl McCullochs Anspruch unverändert ist: „Wir hatten nie besondere Ziele, außer dem, als die Coolsten und Besten angesehen zu werden. Und wir haben uns nie ausverkauft.“ Das ist der Duke, er wäre immer noch gerne Dave Bowie.

heute, 21 Uhr, Logo

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