Aus zwei mach eins

Es wird ernst. Klaus Wowereit hat die Fusion von SFB und ORB zur Herzenssache erklärt

von ADRIENNE WOLTERSDORF

Fusionieren heißt laut Duden verschmelzen. Doch von solch harmonischen Ineinanderfließen kann hierzulande beim Fusionieren keine Rede sein. Wie bei der vorerst gescheiterten Länderehe streiten auch die potenziellen Medienpartner erst einmal wie Scheidungskandidaten. Dennoch wird es nun ernst mit der Senderehe von SFB und ORB. SPD-Wahlsieger Klaus Wowereit, der wohl auch zukünftig Regierende, erklärte sie zu seiner „Herzenssache“. Zu Zeiten der großen Koalition hatte die CDU ein Zusammengehen stets blockiert. Ex-Unions-Fraktionschef Klaus Landowsky, mächtiges SFB-Verwaltungsratsmitglied, verhöhnte den brandenburgischen ORB als „roten Landfunk“. Nun soll alles ganz schnell gehen. Bis zum Sommer 2002 will die SPD den notwendigen Staatsvertrag in trockenen Tüchern haben. Die Fusionsanstalt, die größenmäßig mit dem Hessischen Rundfunk vergleichbar wäre, soll 2004 entstehen. Grüne, FDP und PDS sind dafür. Nur die CDU meldet weiterhin Zweifel an. Sie sei skeptisch, ob die Fusion „die erwünschte Qualitätssteigerung“ bringe, sagt Monika Grütters, für die CDU im SFB-Rundfunkrat.

Vorteil eines Zusammengehens wäre das größere Gewicht, das ein Berlin-brandenburgischer Gemeinschaftssender innerhalb der ARD hätte. Der ARD ist es recht. Ihr Ziel ist in erster Linie, die finanziellen Ausgleichszahlungen für die beiden „Armenhäuser“ einsparen zu können. Der neue Sender, so ist es derzeit Maßgabe, soll 7 Prozent Programmanteil zum Ersten Programm liefern. SFB-Intern wird jedoch bezweifelt, ob das in der nötigen Qualität machbar sein wird. Denn gutes Programm kostet auch nach der Fusion gutes Geld.

Außer Quälitätsfragen gibt es aber noch andere Stolpersteine auf dem Weg zum Standesamt. Wer wird der Intendant der neuen Fusionsanstalt? SFB-Chef Horst Schättle will sich den Job keinesfalls „antun“. ORB-Intendant Hansjürgen Rosenbauer hat offen Interesse bekundet. Doch der mit über 1.000 Mitarbeitern größere SFB scheint dem umtriebigen Schlankmacher Rosenbauer nicht zu trauen. Der erfolgreiche Potsdamer Sendermanager gilt im Umgang mit den rund 625 Mitarbeitern und zahlreichen Freien geradezu als „neoliberal“. Zudem ist Rosenbauer als Integrationsfigur wenig geeignet. Zu viel Porzellan hat er in der Hörfunkzusammenarbeit bereits zerdeppert. Das Thema ist heikel, Namen mag noch niemand nennen.

Nächster Streitpunkt ist der Sitz der zukünftigen Anstalt. Hier konkurriert das symbolträchtige SFB-Gebäude gegen ein technisch hochgerüstetes TV-Center in Babelsberg. Wichtig für die Frage nach Tarife Ost oder West ist zudem der Gerichtsort. Im Vergleich zu den Berliner Kollegen werden die ORB-Journalisten deutlich schlechter bezahlt. Weitere Untiefen birgt der zukünftige Sendername. Rosenbauers Vorschlag „Ostdeutscher Rundfunk“ stößt beim SFB auf „Ausschlussängste“. Ein Kompromiss müsste mindestens Berlin und Brandenburg im Namen enthalten.

Doch richtig brenzlig wird es bei der Ausgestaltung der Gremien wie Rundfunk- und Verwaltungsrat. Bei den Mitarbeitern geht die Angst um, die Politik könnte sie vor vollendete Tatsachen stellen. Wäre dem so, wäre die Chance für eine neue Sendeanstalt, in der sich sowohl die Hauptstadt als auch die Region wiederfinden könnten, schnell vertan.