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Gegen die Väter

Dem Osten Feind, dem Westen fremd: Der Schriftsteller, Filmemacher und Bühnenautor Thomas Brasch ist am Samstag im Alter von 56 Jahren an Herzversagen gestorben

Schwer zu sagen, wo er zu Hause war. „Was ich habe, will ich nicht verlieren / aber wo ich bin, will ich nicht bleiben“, hat Thomas Brasch in einem kurzen, siebenzeiligen Gedicht geschrieben. Und in einem seiner Filme sagt der Held: „Das Alte geht nicht und das Neue auch nicht“. Vielleicht muss jemand so sprechen, für den West und Ost in gleichem Maße zum Niemandsland geworden sind.

Brasch war der Renegat par excellence. In seinem Buch „Vor den Vätern sterben die Söhne“ vollzog er die Abrechnung mit den „starken Vaterfiguren der DDR“, wie er später im Interview mit der taz erzählte. Das Buch erschien 1977, ein Jahr nach seiner Ausreise. Davor lag eine Zeit, in der Brasch Journalistik studierte, mit Wolf Biermann in der Wohnung von Robert Havemann zusammentraf und später in einer Ostberliner Kommune lebte. Als seine Aktivitäten dem ZK zu unkontrollierbar wurden, reagierte der Staat mit Liebesentzug: Weil der damals 23-jährige Thomas Flugblätter gegen den Einmarsch der Warschauer-Pakt-Staaten in der Tschechoslowakei verteilt hatte, wurde sein Vater aus dem Amt des stellvertretenden DDR-Kulturministers entfernt.

Dabei mag in der Widerständigkeit von Brasch immer auch eine Enttäuschung mitgeschwungen haben. 1945 im englischen Westow/Yorkshire als Sohn jüdischer Emigranten geboren, zog er mit seiner Familie schon 1947 zurück in die Sowjetische Besatzungszone. Doch statt der Bilder vom Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft ist ihm vor allem das Geräusch der Rosinenbomber über dem Westteil Berlins im Ohr geblieben, denen er 1980 seinen Film „Engel aus Eisen“ widmete.

Brasch wusste früh, was ideologische Barrieren auch für das Leben im Alltag bedeuten können: Sein Theaterstück „Mercedes“ handelt von Jugendlichen, die sich nicht in einer Gesellschaft zurechtfinden können, die der Arbeitsmarkt dominiert. Zuletzt war der 56-Jährige vor allem mit Neuübersetzungen griechischer Tragödien, aber auch Ezra Pounds und Shakespeares beschäftigt: Im Juli 2000 fand die Premiere seiner Fassung von „Richard II.“ am Berliner Ensemble statt. Samstag ist er an Herzversagen gestorben. hf

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