Weinerliche Sänger

Junge Menschen haben junge Lieder. Eine Tatsache, die alternde Liedermacher enttäuscht  ■ Von Oke Göttlich

Der Kinder-Barde Rolf Zuckowski macht sich Sorgen. Große Sorgen um den Geschmack seiner Hörerschaft, die Kinder. Pädagogisch und gesundheitlich korrekte Klänge werden immer häufiger überhört, beklagen sich die rund 90 Liedermacher, Pädagogen und die Musikverlage. Der zweite Kinderlied-Kongress des Vereins KinderKinder, der morgen in Hamburg beginnt, widmet sich daher der Prob-lematik der stetig sinkenden Teenie-Schwelle. „Der Plumpssack wird immer früher von Britney Spears abgelöst“ schreiben die Organisatoren in ihr Programm zur Podiumsdiskussion mit dem Titel „Die Kinder werden immer jünger ... und kränker?“

Ob der Plumpssack allerdings gesünder ist als Britney Spears, bleibt aus orthopädischer Sicht fraglich. Ganz zu schweigen von den psychologischen Krisen, die ein Siebenjähriger heutzutage durchläuft, wenn er in der Schule zugibt, lieber die Schlümpfe als Fettes Brot zu hören. Haben sich die seit 28 Jahren aktiven Liedermacher auch diese ersten gesellschaftlichen Folgen für die Kinder überlegt? Außerdem nimmt man Britney Spears wohl eher die Kompetenz in Fragen der Schönheitschirurgie und des medialen Alltags ab, als den Gitarren zupfenden Weichspülrhythmikern der Waldorf-Bewegung.

Wie wäre es denn mal mit einer Verjüngung der Branche und der Themen, um ansatzweise glaubwürdig zu bleiben und den Kindern nicht nur gesellschaftliche Utopien zu verkaufen. Eine wirkliche kritische Auseinandersetzung dreht sich wohl nur um die fehlenden Einnahmen dieser Musiksparte. Die Hoffnung auf poppigere Zeiten sollte die Künstler um Rolf Zuckowski bald zu einer vernünftigen Boygroup zusammenschweißen, die den jungen Nestbeschmutzern mit ihren viel zu weiten Jeans und viel zu großen Wollmützen wieder richtig Konkurrenz machen können.

Vielleicht schafft es das Kinderlied dann bald wieder, wesentlicher Bestandteil jeder Kultur zu sein, mit denen Menschen Freude und Mitgefühl, aber auch Schmerz und Wut ausdrü-cken. Hauptsache, die vom Leben gezeichneten Sänger hören auf, ihre moralisierenden Texte mit einem immer währenden Dauergrinsen und Spaßempfinden zu untermalen.