Betr: Grüne fahren in den Graben, plus Kommentar: Armutszeugnis, taz hamburg vom 5.11.01

Kopfschere

Zunächst einmal ging es in unserem Antrag an die LMV überhaupt nicht um Schuldzuweisungen an Landesvorstand oder Fraktion, in erster Linie ging es uns um die Kritik an der Haltung des Vorstandes, keine Verantwortung zu übernehmen!

Stattdessen drückte sich, auch in der Beschlussvorlage zur Strategie der GAL, ein deutliches „weiter so“ und „eigentlich haben wir doch alles richtig gemacht“ aus! Ein Nach-rechts-Rücken in Fragen der Inneren Sicherheit macht im Hinblick auf unsere Wählerverluste keinen Sinn. Die „Verlierer“ und Verunsicherten dieser Stadt haben wir schon 1997 nicht erreicht.

Wenn über 40.000 Wähler von der GAL nun zur SPD wechselten, dann in der Hauptsache doch deshalb, um gleich das Original zu wählen! Diese Wähler sind uns doch auch nicht erst im letzten Halbjahr abhanden gekommen, sondern bereits seit 2-3 Jahren!

Das Verkaufen von Koalitionskompromissen als Parteiziel hat doch mit dazu geführt, dass für so viele die GAL als eigenständige Kraft mit klaren Zielen auch im Mühlenberger Loch verbuddelt wurde. Konflikte mit der SPD, die nicht nach außen, übrigens auch wenig innerhalb der GAL deutlich gemacht wurden, führten doch zum verheerenden Bild einer GAL als Anhängsel der SPD!

Zudem wurde auch innerhalb der Partei die Fraktionsdisziplin zum Mittel, inhaltliche Diskussionen zumindest zu beschränken. Die Schere im Kopf funktionierte.

Die Erkenntnis, dass natürlich auch die Parteimitglieder ihren Anteil an dieser Entwicklung haben, entbindet den Landesvorstand allerdings nicht von seiner Verantwortung für diese Entwicklung, und diese wollten wir mit unserem Antrag einfordern!

Konzepte müssen entwickelt werden, klar, aber wichtig ist auch, mit welchen Personen – die LMV am Samstag war der erste Schritt.

Roland Hansen (GAL Eimsbüttel)

Unreif

Arm war das Zeugnis der GAL nach der Wahl, nicht der Parteitag am Samstag. Wer seine Weichen auf „weiter so“ stellt und die Basis hinter sich lässt, braucht sich nicht über die Konsequenzen zu wundern. Abgänge muss mensch als Betroffener selbst inszenieren und nicht warten, bis andere den Vorhang fallen lassen.

Der Antrag, der den Vorstand zur Vertrauensfrage bewog, war seit langem einer der ersten, der von allen Seiten der grünen Basis getragen wurde. Das hat nichts mehr mit den alten Grabenkämpfen zu tun.

Dieses Zeichen der Reife hätte ich mir auch im taz-Kommentar erwähnt gewünscht. Matti Lembke (Bezirksabgeordneter GAL-Altona)

Jetzt günstig rein!

Der Newcomer-Börsenbrief empfiehlt das grüne Papier der GAL-Hamburg zum Kauf. Nach dem langen Abwärtstrend der letzten 17 Wahlen und einem schillschwarzen Wahlsonntag im September dieses Jahres sahen viele grüne Politikinvestoren den Boden bereits erreicht. (...) Nun, am 03.11, geriet die Aktie nach heftigen Leerverkäufen dieser Spekulanten erneut stark unter Druck. Die damit einhergehende Entlassung des gesamten Vorstandes ließ den Kurs erneut abstürzen. Gegenwärtig notiert das Papier knapp über der politischen Insolvenz. (...)

Wir erinnern uns: Nach einem bundesweiten Aufwärtstrend in den 80er und 90er Jahren explodierte die alternative Aktie 1997 in Hamburg auf fast 14% und war der gefeierte Börsenstar auch bei bis dato deutlich konservativ ausgerichteten Fonds. In der Regierungsbeteiligung zeigte sich das grüne Investment mit erstaunlicher Stärke. Das Regieren und die damit einhergehenden Geschäftsaktivitäten auf fremden Terrain verhalfen der Aktie zwar nicht zu weiteren Höhenflügen, führten allerdings auch mitnichten zu den allseits erwarteten Totaleinbrüchen.

Die substantielle Stärke hielt bis in den Wahlsommer 2001 an. Am schwarzen Wahlsonntag notierte das Papier mit 8,5% zwar deutlich unter den Höchstständen vom September 97, dennoch sahen die Hamburger hier zunächst eine faire Bewertung mit Potential nach oben. Was verursachte den erneuten Kurseinbruch sechs Wochen nach der Wahl? „Der gegenwärtige Kursverlauf resultiert aus einer hausgemachten Krise und spiegelt die hervorragende Positionierung auf dem globalpolitischen Gesamtmarkt in keiner Weise wieder“, so der Investment-Banker Don Bommer auf der Aktionärsversammlung am vergangenen Samstag in der Theodor-Haubach-Schule.

Viele Analysten teilen die Einschätzung. Die Aktie habe einen wunderschönen Doppelboden gebildet. Die parteiinternen Selbstzerfleischungsprozesse sowie Spekulationen um eine neue, aber keinesfalls bessere Führungsriege sind im Kurs bereits mehr als eingespeist. Der Newcomer-Börsenbrief empfiehlt daher das Papier zum Kauf. Michael Schweiger (GAL-Mitglied)