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Die Stadt der Ringe

Ein System von drei Ringstraßen soll Auto- und Lkw-Verkehr aus der Berliner Innenstadt heraushalten. In der Realität funktioniert das bisher nur in Ansätzen. Die Schließung des mittleren Autobahnrings ist äußerst umstritten

Als an der Oberbaumbrücke noch keine Wasser- und Gemüseschlachten zwischen der linken Kreuzberger und Friedrichshainer Szene stattfanden, sondern reale politische Auseindersetzungen, schien die Welt der Aktivisten noch in Ordnung: sie lehnten die Öffnung der Oberbaumbrücke für den Ost-West-Autoverkehr kategorisch ab, Straßenblockaden und Volksfeste wurden organisiert, Bagger gingen gar in Flammen auf. Manche Aktivisten, die zu Beginn der 90er-Jahre die Totalzerstörung Kreuzbergs durch den Autoverkehr fürchteten, fahren allerdings heute im vierten Gang über die Spree – der innere Stadtring ist längst Realität. Eng wird es nur noch am Tiergartentunnel.

Das verkehrspolitische Konzept, das dahinter steht und in den allermeisten Großstädten praktiziert wird: Autos und Lkws, die nicht in die Innenstadt wollen, sollen den Citybereich umfahren. „Denen muss man dann Alternativen anbieten“, sagt Petra Reetz, Sprecherin von Stadtentwicklungssenator Peter Strieder. Die Fuhrgewerbe-Innung unterstütze solche Pläne. „Für die ist Zeit Geld.“ Würde der Wirtschaftsverkehr, rund ein Drittel des Gesamtverkehrs, aus der City gehalten, wäre die Entlastung spürbar. Die Realität sieht freilich anders aus: Wer etwa von Friedrichshain mit dem Auto nach Prenzlauer Berg fahren will, ist schneller, wenn er über Karl-Marx-Allee und Alex fährt anstatt den Stadtring zu benutzen. Der Grund: Weil Einfallstraßen den Ring schneiden, steht hier jede Ampel auf Rot.

Während der innere Ring – ebenso wie der äußere Autobahnring – so gut wie fertig ist, ist der mittlere Ring äußerst umstritten. Die Stadtautobahn vom Wedding nach Neukölln hat tiefe Schneisen in Wilmersdorf und Schöneberg geschlagen; ähnliches in Treptow und Friedrichshain scheint nicht nur den Grünen unzumutbar. Finanzielle Argumente dagegen gibt es zumindest aus Berliner Sicht nicht. Eine solche Bundesautobahn zahlt der Bund, das Land müsste lediglich die Anschlüsse finanzieren, was weniger als fünf Prozent der Kosten ausmachte.

Die FDP fordert den Ausbau des Stadtringes, die Grünen lehnen ihn ab. Im Moment wird der Ring in Neukölln vorangetrieben – von der Karl-Marx-Straße zum Dreieck Neukölln. Dort zweigt die Autobahn Richtung Schönefeld ab. Die Flughafen-Autobahn soll etwa zeitgleich mit dem neuen Airport fertig gestellt sein. Die Grünen lehnen zwar die Teltowkanal-Autobahn ab, lassen aber durchblicken, diese Kröte zu schlucken. Das hat zwei Gründe: Erstens ist der Druck der Wirtschaftslobby, die eine leistungsstarke Aiport-Anbindung fordert, stark; zweitens sind bauliche Fakten geschaffen.

Anders die Verlängerung der Autobahn vom Dreieck Neukölln zur Frankfurter Allee in Friedrichshain. Nach dem aktuellen Planungstand könnte damit frühestens 2007 begonnen werden. Die Autobahn würde zunächst im Tunnel unter dem Neuköllner Industriegebiet bis hinter die Sonnenallee führen, dann ein kurzes Stück offen sein, bevor die Treptower Kiefholzstraße erneut im Tunnel unterquert wird. Geradezu abenteuerlich ist die Planung am S-Bahnhof Treptower Park: Hier soll die Autobahn in Hochlage an diversen Einkaufscentern vorbei über die Spree führen. Der S-Bahnhof Ostkreuz würde wieder untertunnelt, bevor die Straße kurz vor dem S-Bahnhof Frankfurter Allee erneut oberirdisch wird. Hier, wo die B 1 gen Polen kreuzt, würde der mittlere Autobahnring enden und in eine vierspurige Stadtstraße übergehen, die zur Storkower Straße führt.

RICHARD ROTHER

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