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Die „Lila Eule“ soll wieder jazzen

■ In zwei Wochen soll der berühmteste Keller der Stadt reanimiert werden: mit „Kerzenschein und Bar-Atmosphäre“

Das Bremer Symbol der 68er war und ist eine kleine Kellerkneipe in der Bernhardstr. 10-11: die „Lila Eule“. Hier schwang Rudi Dutschke seine Reden, hier spielten Brötzmann und Paul Bley ihren Freejazz, hier drängte man sich beim Konzert von Jan Garbarek, und spät in der Nacht traf hier in der Disco der fortschrittliche und coole Bremer (darauf kam es auch damals schon an) die wilde, schöne Bremerin.

Seit 1964 gehört das Haus mitten im Viertel Olaf Dinné. Die „Eule“ leitete er damals im „Kollektiv“ mit drei Kollegen, die jeweils für Musik, Kulturprogramm und die Gastronomie verantwortlich waren, und genau nach dem gleichen Konzept soll die „Lila Eule“ nun wieder auferstehen. Bis zum Ende der 90er Jahre wurde sie als reine Disco geführt und kam dabei immer mehr aus der Mode.

Dann gab es im Keller eine Technokneipe, die durch ihre extrem laute Musik (auch und gerne Sonntag morgens) berüchtigt wurde. Schließlich lagen die Räume etwa ein halbes Jahr lang brach. Nun stellte Olaf Dinné als Pächter und wohl auch Initiator das neue „Kollektiv“ vor, das versuchen will, die Eule wieder zum jazzen zu bringen: Die Autorin und Filmemacherin Constante Radziwill wird den Laden leiten, Karola Kohne („März“ und „Cinema-Café“) wird sie dabei unterstützen, der bisher auf irische Bars spezialisierte Kneipier Simon Doyle kümmert sich um die Gastronomie, und Christian Zurwellen ist für das Musikprogramm zuständig. Der hat bisher die Konzertreihe „Blue Moon Bar“ im Jungen Theater betreut, und führt diese auch mit gleichem Namen in der „Lila Eule“ weiter. Local Heros wie Evelyn Gramel, Romy Camerun, Ed Kröger und „Take Two“ werden hier jeweils von Montag bis Mittwoch aufspielen.

Mit Formulierungen wie „Das Wochenende ist dem Tanzbein gewidmet“ wird schon klar, dass die Betreiber der neuen „Eule“ nicht gerade die Jugend von heute als Zielpublikum ansehen. Stattdessen wird ein gepflegter Jazzschuppen mit „Kerzenschein und Bar-Atmosphäre“ versprochen, und jeden Donnerstagabend soll es sogar eine Art „Senioren Disco“ geben, bei der alte Recken wie eben auch Olaf Dinné ihre Lieblingsplatten auflegen. Am Sonntag ist dann tagsüber ein „Jour fixe“ eingeplant, an dem kulturelle und politische Veranstaltungen wie Dichterlesungen, Filmvorführungen oder Diskussionen stattfinden sollen.

Alles soll also im Grunde genauso werden, wie in den „Goldenen Zeiten“ der Kellerkneipe. Es wäre zu wünschen, dass sich – nach dem Wegbrechen so vieler Spielorte im Viertel – die Bremer Jazzszene zusammenrauft und ihre Lagerbildung (etwa in die Fraktionen „Blue Moon Bar“ einerseits und Peter Apelts „Oncle Mo“ auf der anderen Seite) überwindet. Eine kühne Hoffnung.

Dem Ostertorviertel jedenfalls täte eine nachhaltige Reanimierung der „Lila Eule“ sehr gut.

Wilfried Hippen

Vom 23. November an ist die „Lila Eule“ täglich ab 21 Uhr geöffnet, die Blue Moon Bar beginnt ihr Programm am 26. November mit Evelyn Gramel und ihrer Band

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