: Schulen sollen kleine Firmen werden
■ Geheimer Gesetzentwurf im Bildungsressort: Schulen sollen in „Anstalten des Öffentlichen Rechts“ umgewandelt werden mit eigenem kaufmännischen Leiter
Beim Bildungssenator liegt – streng vertraulich – ein Gesetzentwurf in der Schublade. „Gesetz über die Umwandlung öffentlicher Schulen“ steht darüber, nachdem die Bildungsstätten in Zukunft selbständigen juristische Personen werden. Bisher sind die Schulen direkt der Bildungsbehörde zugeordnet, bald sollen sie „Anstalten des öffentlichen Rechts“ werden wie etwa Radio Bremen eine ist.
Das bedeutet: Der Schulleiter ist der Dienstvorgesetzte des gesamten Personals, entscheidet die Einstellung von Personal und wäre auch bei Entlassungen der Rechtsvertreter. Neben dem Schulleiter soll es einen „kaufmännischen Leiter“ geben, dem „obliegt die Wirtschaftsführung“, heißt es in dem Gesetz unter Paragraf neun. Wie viel Geld die Schule zur Verfügung hat, wird in einem „Kontrakt“ geregelt. Der Bildungssenator hat kein unmittelbares Weisungsrecht mehr wie bisher, sondern soll sich auf eine „Fachaufsicht“ beschränken „nach dem Privatschulgesetz“.
Die Schulen können neben dem Geld, das sie vom Bildungsressort zugewiesen bekommen, Unternehmen gründen, mit denen sie eigene „sonstige Einnahmen erwirtschaften“. Ziel des Modells, die im Vergleich mit anderen Bundesländern einzigartig wäre: Die „Vorzüge der Eigenverantwortlichkeit“ sollen ausgenutzt werden, ohne den Rahmen der gesetzlichen Pflicht des Staates zu sprengen, das verfassungsmäßige Recht auf Bildung in „öffentlichen Einrichtungen“ (Artikel 27 der Landesverfassung) zu sichern. Allerdings bleiben die Lehrer Beamte – und werden neuerdings auch wieder als „Beamte“ auf Lebenszeit eingestellt. Solange das so bleibt, hätte die Eigenverantwortlichkeit in der Personalpolitik enge Grenzen.
Dass auch für die Schulen eine Form der Ausgliederung geplant ist, ging bereits im vergangenen Herbst aus den sehr allgemeinen Folien der Roland-Berger-Unternehmensberater hervor, die bis zum Jahre 2020 Bremens Staatsapparat auf einen „Kernbereich“ von 4 bis 8.000 Beamten reduzieren wollen. Für circa 6.000 Lehrer wäre dann kein Platz mehr. Wie die Ausgliederung der Schulen gestaltet würde, war damals noch völlig offen. Noch bevor das Thema einmal grundsätzlich in der Öffentlichkeit oder zumindest in Lehrer-Kreisen diskutiert worden ist, hat sich eine kleine Arbeitsgruppe mit dem Hausjustiziar des Bildungssenators zusammengesetzt, um das geplante Modell schon einmal in Gesetzesform niederzulegen.
Im bremischen Schulgesetz steht immerhin seit bald zehn Jahren, dass die Schulen mehr „Autonomie“ haben sollen. Die Schulbehörde hat ihnen diese Autonomie aber bisher nie eingeräumt. Zuletzt wurde zum Beispiel per Erlass des Senators selbst geregelt, dass Einschulung der I-Dötzchen an Grundschulen nicht nur werktags, sondern auch an einem Samstag stattzufinden hat.
Die Schulleiter werden von der Bildungsbehörde wie Sachbearbeiter an der kurzen Leine gehalten, die nicht einmal die Interessen ihrer Schule in der Öffentlichkeit vertreten dürfen, wenn diese nicht übereinstimmen mit den Vorstellungen des Ressorts.
Die geplante Radikalreform der Struktur würde dies alles ändern und die Schulleiter zu Leitern eines kleinen Unternehmens machen, der seinen „kaufmännischen Leiter“ selbst einsetzt und – wie Radio Bremen – Tochterfirmen für besondere Geschäfte gründen dürfen. Der Verweis auf die Fachaufsicht nach dem Privatschulgesetz deutet an, dass auch inhaltlich größere Autonomie zum Erreichen der vorgegebenen Bildungs-Ziele möglich sein soll. Nur bei der Bestellung des Schulleiters hat die Bildungsbehörde noch besonderes Gewicht – mit einer von drei Stimmen. Ortsamtsleiter und ein Vertreter des „Beirates“ der Schule sollen gleichberechtigt mitentscheiden. Schulleiter sollen nicht nach Beamtenrecht bis zum Pensionsalter im Amt bleiben, sondern nach Eignung gewählt werden – auf fünf Jahre. Klaus Wolschner
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