piwik no script img

Klima etwas gerettet

Russland darf doppelt so viel Kohlenstoffe ausstoßen. Japan erstreitet abgemildertes Strafsystem. Dennoch ist Kioto-Protokoll nun unterschriftsreif. Kritiker fordern höhere Reduktionsziele nach 2012

MARRAKESCH afp ■ Durch enorme Zugeständnisse an Russland hat der UN-Klimagipfel in Marrakesch das vierjährige Tauziehen um die Umsetzung des Klimaschutzprotokolls von Kioto beendet. Nach einer nächtlichen Marathonsitzung gaben die Umweltminister und -vertreter aus 167 Ländern am frühen Samstagmorgen den Forderungen aus Moskau nach und verdoppelten die russische Quote zur Anrechnung von Waldbeständen und Agrarflächen. Damit sei der Weg zu einer Ratifizierung des Kioto-Protokolls frei, sagten Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) und seine russischen und belgischen Kollegen Alexander Bedrizki und Olivier Deleuze übereinstimmend. Trittin äußerte die Hoffnung, dass das Kioto-Protokoll nun noch vor dem für September 2002 geplanten Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Kraft treten könne.

Mit ihrem Einlenken rettete die Versammlung den eigentlich bis Freitagabend angesetzten UN-Gipfel in letzter Minute. Die Forderung Russlands, seine im Juli in Bonn vereinbarte Quote zur Anrechnung von so genannten Senken auf den CO2-Ausstoß zu verdoppeln, war bis zuletzt einer der größten Streitpunkte in Marrakesch. Nachdem die russische Delegation jedoch über das offizielle Ende der Konferenz hinaus hart geblieben war, gab die Minsterrunde nach. Statt zuvor auf 17,6 Millionen Tonnen kann sich Moskau seine Wald- und Agrarflächen nun auf 33 Millionen Tonnen Kohlenstoffgase anrechnen lassen.

Der zweite Hauptstreitpunkt der Ministerrunde in Marrakesch war das Strafsystem. Demnach sollen Länder, die ihre Reduktionsziele zwischen 2008 und 2012 nicht erfüllen, in den Jahren danach ein Drittel mehr an Treibhausgasen einsparen müssen und keinen Emissionshandel mehr betreiben dürfen. Dagegen legte Japan Protest ein. Tokio hielt sich auch nach der Einigung eine Ratifizierung des Kioto-Protokolls offen.

Kritische Stimmen zu dem Kompromiss gab es bereits kurz nach seinem Bekanntwerden. Umweltorganisationen meinten, die erzielten Einigungen reichten nicht aus, um den weltweiten Anstieg der Treibhausgase wirkungsvoll einzudämmen. Greenpeace sprach von einem „mageren Ergebnis“. Klaus Töpfer, Leiter des UN-Umweltprogrammes, begrüßte zwar die Einigung von Marrakesch, forderte aber Verbesserungen des Kioto-Protokolls auf Klimaverhandlungen in den kommenden Jahren. Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen nannte das Abkommen einen tragfähigen Rahmen für den internationalen Klimaschutz. Nach 2012 müssten jedoch weit ehrgeizigere Verpflichtungen vereinbart werden.

Das 1997 im japanischen Kioto formulierte Klimaschutz-Protokoll sieht vor, dass die 38 größten Industrieländer bis 2012 ihren Treibhausgas-Ausstoß um durchschnittlich 5,2 Prozent im Vergleich zu 1990 senken. Das Protokoll muss von 55 Ländern ratifiziert werden, die 1990 55 Prozent des CO2-Ausstoßes verursacht hatten. Die EU dringt auf eine Ratifizierung bis zum Herbst 2002. Die USA hatten bereits im März angekündigt, dass sie das Protokoll nicht unterzeichnen werden.

meinung SEITE 12

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen