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Bäume werden wetterfühlig

Der Zustand der Wälder der Region hat sich im vergangenen Jahrzehnt verbessert, bleibt aber kritisch. Sorgen macht vor allem Berlin: In der Stadt ist fast jeder dritte Waldbaum schwer geschädigt

von RICHARD ROTHER

Der Zustand der Wälder der Region bleibt kritisch, hat sich aber im Zehnjahresvergleich verbessert. Das geht aus dem erstmals gemeinsam für Berlin und Brandenburg vorgelegten Waldschadensbericht hervor, den die Umweltverwaltungen beider Länder gestern vorstellten. 52 Prozent der Bäume der Region wiesen nach der Erhebung keine sichtbaren Schäden auf, 1991 waren es lediglich 29 Prozent. Die Zahl der schwer geschädigten Bäume war dennoch rückläufig: Während in diesem Jahr rund 8 Prozent der Waldbäume schwer geschädigt waren, waren es 1991 noch 33 Prozent.

Die Ursachen für diese Entwicklung: Die Emission von Schadstoffen wie Schwefeldioxid („saurer Regen“) hat deutlich abgenommen – viele industrielle Dreckschleudern aus DDR-Zeiten sind stillgelegt, die Ofenheizungen haben weitestgehend ausgedient, und die Kraftfahrzeuge sind sauberer geworden.

Eine Entwarnung kann nach Ansicht der Umweltexperten aber noch lange nicht gegeben werden – vor allem nicht in Berlin, wo die Bäume hauptsächlich unter Verkehrsschadstoffen zu leiden haben. Nur 12 Prozent der Berliner Bäume gelten als gesund, 29 Prozent weisen deutliche Schäden auf. Damit wurde das schlechteste Ergebnis seit 1992 erfasst. Die Ursachen sind vielfältig: Schleichende Bodenvesäuerung und Überdüngung durch Stickstoffeinträge, Bodenversiegelung und Zerschneidung der Wälder verschlechtern die Wuchsbedingungen der Bäume, die mittlerweile von ihrer Substanz leben. Auf extreme Witterungseinflüsse – wie milde Winter und trockene, heiße Frühjahre – kann der Wald dann nicht mehr entsprechend reagieren, die Bäume nehmen Schaden. Besonders betroffen ist die Eiche, sie weist die größten Schäden auf. Gegenüber dem Vorjahr ist der Anteil geschädigter Eichen noch einmal um 8 Prozent gestiegen, fast jede dritte Eiche der Stadt ist damit schwer geschädigt.

Die Berliner Umweltstaatsekretärin Maria Krautzberger warnt denn davor, die Hände in den Schoß zu legen. „Der Wald ist noch nicht über den Berg.“ Hauptursache für die Waldschäden sei der Verkehr. Der öffentliche Nahverkehr müsse weiter gefördert werden. „Viele können oder wollen aber nicht auf ihr Auto und die gesellschaftlich geforderte Mobilität verzichten“, weiß Krautzberger. Deshalb müsse auch bei den Fahrzeugen angesetzt werden. Letztlich sei ein gesunder Wald Voraussetzung dafür, dass Berlin eine lebenswerte Stadt bleibe. Berlin müsse die Stickstoffemissionen bis 2010 um ein weiteres Drittel reduzieren. Seit 1990 sind diese Emissionen mehr als halbiert worden.

Der Brandenburger Umweltminister Wolfgang Birthler (SPD) rief zum Handeln auf: „Wir können uns nicht zurücklehnen.“ Wichtig sei, den Waldumbau voranzutreiben. Knapp 70 Prozent der Wälder der Region bestehen aus Kiefern-Monokulturen. Diese sind anfälliger gegenüber widrigen Umwelteinflüssen wie Schadstoffen, Schädlingen und Wassermangel als naturnahe Misch- oder Laubwälder. Birthler möchte deshalb den Anteil der Mischwälder auf 50 Prozent erhöhen. „Das ist eine Generationenaufgabe.“

Tatsächlich hat das Land Brandenburg erst 13.000 Hektar Kiefernwald in Misch- oder Laubwälder umgebaut – von mehr als einer Million Hektar Wald, die sich in Landesbesitz befinden.

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