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Krimistück um Zehn Gebote

■ Eine alte Tafel mit den Zehn Geboten wurde jetzt an die Bremer Synagoge zurück gegeben / Das Ornament wurde vermutlich in der Reichspogromnacht gestohlen

Der Sabbath-Gottesdienst am letzten Freitag brachte für die 80 bis 100 Teilnehmer eine Überraschung. Nur Rabbiner BenyaminBarslai wusste Bescheid, dass Wilhelm Tacke (im Hauptberuf katholischer Pressereferent) in seiner Funktion als Bremer Vorsitzender des Vereins für christlich-jüdische Zusammenarbeit in den Gottesdienst kommen und etwas Besonderes mitbringen würde: eine schwarze, gusseiserne Tafel, etwa 75 Zentimeter groß. Und eine Geschichte um dieses alte Fundstück, deren Anfang völlig im Dunkeln liegt.

Vorerst steht die alte Tafel jedenfalls vor dem Altar. Vielleicht kehrt das plötzlich wiederaufgetauchte Stück damit sogar an dessen alten Platz in der Bremer Synagoge zurück. Denn der Form nach stellt es einen leicht fünfeckigen Stern oder eine Sonne dar. Möglicherweise also einen Davidstern. Außerdem hebräische Schriftzeichen.

Das erinnert an die steineren Tafeln, auf denen in zwei Fünfergruppen Moses von Gott Jahwe die Zehn Gebote entgegennahm. Entsprechend befinden sich auf den beiden abgebildeten Tafeln je fünf Schriftzeichen. Es handelt sich – im Foto von rechts oben nach links unten zu lesen – um die ersten zehn Buchstaben des hebräischen Alphabets: Alef, Bet, Gimel, Dalet, He, Waw, Sajin, Chet, Tet, Jod. „Die Buchstaben haben eine Bedeutung. Die abgebildeten Lettern bezeichnen die Ziffern eins bis zehn und meinen die jeweilige Zahl des Gebots“, erklärt der Rabbiner Barslai.

Offen ist allerdings, wo die Tafel überhaupt herkommt und ob sie wirklich in die Bremer Gemeinde gehört. „Wir wissen nicht genau, ob sie aus der Bremer Synagoge stammt“, sagt auch Barslai. Gefunden wurde die Metalltafel von einem Freund Wilhelm Tackes, der sie kürzlich bei einem Schrotthändler entdeckte. Als dieser sie als „etwas Jüdisches“ identifizierte, bekam er sie promt geschenkt. „Ich glaube, dass sie während der Reichspogromnacht gestohlen worden ist. Vielleicht hat sie aber auch jemand beiseite geschafft, um sie zu retten“, vermutet Tacke.

Die Geschichte der Tafel bleibt somit vorerst ungeklärt. Und es gibt nur wenige Anhaltspunkte, um sie historisch einzuordnen: So wiegt das Stück etwa zwölf Kilogramm. Ziemlich viel, meint Barslai. „Das deutet eigentlich darauf hin, dass die Tafel nicht in der Synagoge gehangen hat.“ Er könnte sich eher vorstellen, dass die Tafel zum Beispiel den Eingang eines jüdischen Friedhofs zierte.

Vom Inneren der alten Bremer Synagoge existieren auch keine Fotos mehr. Zwar befinden sich auf der Tafel Spuren grüner Farbe und Reste einer Aufhängung. Aber auch das Staatsarchiv und der emeritierte Landesdenkmalpfleger Hans-Christoph Hoffmann konnten diese Ornamente nicht einordnen.

Hilfe im Rätsel um die Herkunft der Tafel leistete vergangene Woche auch Fred Johnson. Der Professor aus den USA weilt im Rahmen der Ausstellung „Jüdisches Leben in der Neustadt“ als Zeitzeuge in Bremen (die taz berichtete). Er konnte sich aber nicht daran erinnern, diese Tafel als Kind in der Bremer Synagoge in der Gartenstaße gesehen zu haben. Johnson war letzten Freitag ebenfalls im Gottesdienst zugegen. Als Manfred Grünberg ist er mit seinen Eltern in die USA emigriert und hatte 1952 mit der US-Staatsbürgerschaft seinen jetzigen Namen angenommen.

Möglicherweise gehört die Tafel also doch nicht nach Bremen. Dennoch hat der Landesrabbiner das alte Fundstück als Geschenk für die Bremer Jüdische Gemeinde erst einmal angenommen und wird sie treuhänderisch verwalten. „Wenn sich herausstellt, dass die Tafel tatsächlich nicht aus Bremen ist, geben wir sie wieder ab“, sagt Barslai. „Aber nur, wenn am Herkunftsort eine praktizierende jüdische Gemeinde existiert. Sonst bleibt sie bei uns.“

Thomas Gebel

Wer etwas über die Herkunft der Tafel sagen kann, möge sich bei der Jüdischen Gemeinde, bei Wilhelm Tacke oder bei der taz melden.

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