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Ohne gute Geister in der Pfälzer Hölle

■ Doppelter Beinbruch für FC St. Pauli und Adamu: Bei der 1:5-Niederlage in Kaiserslautern erleben die Hamburger, wie brutal ein Klassenunterschied sich anfühlt

Taribo West, nigerianischer Nationalspieler und Debütant beim 1.FC Kaiserslautern, verabschiedete sich nach seiner erfolgreichen Premiere in Richtung Mailand. Dort predigte der geweihte Priester gestern früh in seiner Gemeinde „Shelter of the Storm“, und es wäre ein echter Akt der Nächstenliebe, hätte er den von allen guten Geis-tern und Fußballgöttern verlassenen FC St. Pauli dabei in seine Fürbitte eingeschlossen.

Nach dem desaströsen 1:5 auf dem Betzenberg fühlte selbst FCK-Teamchef Andreas Brehme mit seinem deprimierten Kollegen Dietmar Demuth. „Ich wünsche euch Glück für die ganze Saison und dass ihr die nächsten Spiele gewinnt“, rief der Weltmeister von 1990 den geschlagenen Kiez-Kickern hinterher. Doch die Saison ist fast schon zur Hälfte gelaufen, und mit Glück allein wird der FC St. Pauli die Abstiegsränge nicht verlassen können. Dazu gehört Cleverness, und die fehlte nach dem überraschenden 1:0 durch Marcaos Kopfball in der 30. Minute. Anstatt den Vorsprung mit in die Pause zu nehmen, ließ man den Lauterern so viel Raum, dass sie in der 40. Minute durch Vratislav Lokvenc zum 1:1 und quasi mit dem Pausenpfiff durch ein herrlich herausgespieltes Tor von Harry Koch gar zum 2:1 kamen.

Nach dem Wiederanpfiff brachen bei Pauli alle Dämme. Ohne eine Handvoll verletzter bzw. gesperrter Spieler (Bajramovic, Lotter, Held, Meggle, Kientz) blieben sie ohne Torchance, während die Roten Teufel demonstrierten, wie die Pfälzer Hölle aussieht. Der von Viking Stavanger neu verpflichtete Morten Berre erlebte einen ganz bitteren Einstand und stand im so gut wie nicht existenten Mittelfeld einsam auf weiter Flur. „Er war nicht der schlechteste meiner Spieler“, wollte Demuth ihn nicht schon nach 90 Minuten demontieren, aber helfen konnte Berre seinen Mitspielern nicht viel. Im Gegenteil, kurz nach der Pause prallten er und Matiàs Cenci mit ihren Nasen aneinander, weil sie sich gegenseitig im Weg standen. Welch symbolisches Ungeschick!

Pauli verlor schon nach 13 Minuten Yakubu Adamu wegen eines Schien-und Wadenbeinbruchs, wodurch sogar eine eventuelle WM-Teilnahme des Nigerianers in Frage gestellt ist. Der Brasilianer Lincoln, der deshalb in der Pause weinend in der Kabine saß, war der Übeltäter und schien todunglücklich über seinen unverzeihlichen Fauxpas. Danach agierte Lautern nervös, verschoss gar einen Foul-elfmeter und geriet in Rückstand. Doch dann begann die radikale Aufarbeitung der Frust-Erlebnisse des von Rudi Völler gegen die Ukraine ignorierten Miroslav Klose. Nach einer Stunde schloss er quasi unbehindert ein Solo mit dem 3:1 ab, zwölf Minuten vor Schluss stocherte er den Ball, umgeben von zu zaghaften Paulianern, zum 5:1 über die Torlinie.

Für Dietmar Demuth war der Lauterer Sieg „auch in dieser Höhe in Ordnung. Wir haben den schlafenden Riesen geweckt und geärgert.“ Herausgekommen ist dabei ein Klassenunterschied. Dass Mannschaften aber selten zwei Mal nacheinander derart unter die Räder kommen, gibt Pauli Hoffnung für den kommenden Samstag, wenn der um einen Punkt besser postierte 1. FC Köln ans Millerntor kommt.

André Trulsen brachte die Bedeutung dieses Spiels auf den Punkt: Es werde „ein Endspiel“ um den Anschluss an das untere Mittelfeld und um ein klein wenig Hoffnung auf den Klassenverbleib.

Günter Rohrbacher-List

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