Keinen Machismo zelebrieren

■ „Viel mehr als Partystimmung“: Maria Serrano über ihr Programm „Entre Flamencos

Carlos Sauras Carmen war ein Welterfolg. Doch dass der Film nicht die ganze Vielfalt des Flamenco zeigte, ahnten die meisten. Maria Serrano gewährt in ihrem neuen Programm Entre Flamencos ungewöhnliche Einblicke in die Welt des urspanischen Tanzes.

taz hamburg: Was ist die generelle Thematik Ihrer neuen Show?

Maria Serrano: Grundidee ist die Begegnung der Geschlechter, dem Aufeinandertreffen einer Frau und vier unterschiedlicher männlicher Charaktere und Tanzstile.

Dass sich Männer und Frauen begegnen, ist nichts Ungewöhnliches in einer Flamenco-Show. Worin sehen Sie den Unterschied zu anderen Programmen?

Ich lege Wert darauf, dass sich die Männer fundamental voneinander unterscheiden, und das ist neu im Flamenco.

Im Flamenco drückt sich oft der berühmte spanische Machismo aus. Wollen Sie ihn ironisieren?

Es geht mir nicht in erster Linie um Ironie. Es sind einfach vier unterschiedliche Männer, vom klassischen Flamenco-Tänzer bis zu einem schwulen Tänzer. Die Tanzstile reichen von traditionellen bis zu modernen Formen. Da mag da bisweilen Ironie durchschimmern, aber das ist nicht mein Hauptziel. Ich will vielmehr zeigen, dass der Flamenco nicht immer dieses typische Macho-Gehabe haben muss.

Wie kommt diese Sichtweise in Spanien an?

Da kann ich momentan nur Vermutungen anstellen, weil wir die Show so noch nicht in Spanien gezeigt haben. Aber ich glaube schon, dass dort ein Verständnis für diese Spielart des Flamenco besteht. Zugegeben, der schwule Tänzer wird sicher beim konservativen Teil des Publikums die ein oder andere Polemik hervorrufen.

Mit dem jungen Sergio Monroy am Piano setzen Sie auch musikalisch andere Akzente. Denn es ist schon ungewöhnlich, in einer Flamenco-Show ein Piano zu hören.

Es gab schon immer Pianisten im Flamenco. Sie spielen allerdings eine untergeordnete Rolle. Aber Sergio ist einfach sehr flamenco, wie wir sagen, er stammt aus Cadiz, einer der Hochburgen des Flamenco, und er passt wunderbar in mein Gesamtkonzept.

Was genau ist mit der Eigenschaft flamenco gemeint?

Solche Leute spielen nicht nur den Flamenco, weil sie dem Publikum gefallen möchten, sondern weil sie einfach nur spielen wollen. Flamenco ist neben der Musik auch eine Lebensform, das sind für mich flamencos. Wie eben Sergio.

Alljährlich gibt es eine wahre Flut von Flamenco-Ensembles, die nach Deutschland kommen. Wo liegt der Unterschied zwischen eher touristischen Shows und dem Flamenco puro, wie Sie ihn zeigen?

Es fängt schon an mit der Art, sich zu präsentieren. Viele von diesen Ensembles spielen im Grunde gar keinen echten Flamenco, sondern Rumbas oder Sevillanas, Volkstänze aus Sevilla. Dort geht es um Partystimmung. Im eigentlichen Flamenco gibt es zwar auch Fiestas, aber er ist viel tiefgründiger.

Was halten Sie von Strömungen wie dem Nuevo Flamenco, der etwa von der Gruppe Ketama mit großem Erfolg vertreten wird?

Das gefällt mir ganz gut, daneben gibt es aber auch Bands, die sich diesem Trend anschließen, ohne je den Flamenco erlebt zu haben.

Ist der Flamenco noch lebendig oder werden alte Lieder immer wieder neu interpretiert?

Für mich ist der Flamenco keineswegs ein Museumsstück. Im Flamenco öffen sich viele Türen zu anderen Kunstformen – zu Ballett, Modern Dance, Jazz Dance. Und die Tatsache, dass es sehr viele Nachwuchskünstler in Jerez und Sevilla gibt, sagt eigentlich alles.

Interview: Tom Fuchs

heute, 20 Uhr, CCH 2