: „Einfach schneller spielen“
■ Gelassene Brit-Pop-Sensation: Ein Gespräch mit dem „Ash“-Sänger Tim Wheeler
Mit gerade mal Anfang 20 gehören sie zu den erfolgreichsten britischen Newcomern der letzten Jahre, „durchlebten die Höhen und Tiefen einer Rock'n'Roll-Karriere in atemberaubender Geschwindigkeit“ (Szene Hamburg). Ash-Sänger und -Gitarrist Tim Wheeler wird bereits als einer der derzeit größten Rock- bzw. Brit-Pop-Songwriter gehandelt – eine Erwartung, die der junge Mann aus Nordirland mit der gebotenen Gelassenheit pariert. Schließlich wird lange nicht alles so heiß gegessen, wie es insbesondere die britische Pop-Presse regelmäßig zu kochen pflegt. Kürzlich erschien mit Free All Angels das vierte Album der Band, morgen spielen Ash in der Großen Freiheit. taz hamburg sprach mit Tim Wheeler über Unterschiede zwischen Studio und Bühne, U2 und Westlife.
taz hamburg: Tim, euch eilt ja ein äußerst zweifelhafter Ruf vo-raus, Stichwort: Drogen aller Art. Ist das Realität oder wird das nur von den Medien aufgebauscht?
Tim Wheeler: Nein, es gab tatsächlich mal eine Zeit, in der wir uns mit allem möglichen Zeugs vollgedröhnt haben. Aber jeden Morgen mit einem Brummschädel aufzuwachen und manchmal nicht zu wissen wo, ist nun für mich keine Perspektive mehr. Außerdem drohte die Musik unter unserem Lebensstil zu leiden.
Spiegelt sich der Sinneswandel auch in den aktuellen Songs wider?
Ich denke schon, für Free All Angels wollte ich von vorneherein fröhlichere Songs schreiben als früher, in der Hoffnung, dass auch ich dann positiver denke. Meine Erwartungen haben mich nicht getäuscht.
Siehst du dich in einer Tradition von Songwritern?
Ja natürlich, es ist mein Landsmann Van Morrison, eines meiner absoluten Vorbilder. Van mag zwar ziemlich alt aussehen, aber im Herzen ist er jung geblieben.
Wie bringt ihr die aufwändigen Studio-Arrangements auf die Bühne?
Wir spielen alle Songs etwas schneller. Und mit zwei Gitarren hat man viel mehr Möglichkeiten als früher im Trio. Charlotte, unsere Gitarristin, ist sicherlich eine Entlastung für mich als Sänger.
Ihr gebt viele Konzerte – gibt es da, trotz aller Routine, noch Überraschungen zu erleben?
Für die Zuschauer bei jeder Show, denn wir spielen nie einen Song gleich. Aber auch wir sind jedesmal verblüfft, wenn Rick, unser Drummer, aus dem Hintergrund vor jedem Song merkwürdige Ansagen macht. Keiner weiß genau, was er eigentlich meint. Sehr rätselhaft, aber komisch.
Was war bislang die schönste Erfahrung auf der Bühne?
Das war, als wir in Belfast bei dem Yes-Referendum zur Unterstützung des nordirischen Friedensabkommens gespielt haben. Zusammen mit U2. Das war mehr als ein symbolischer Moment. Es war schließlich das erste Mal, daß John Hume von der Republican SDLP und David Trimble von den Ulster Unionists gemeinsam eine Veranstaltung bestritten haben. Anschließend haben wir mit U2 gemeinsam vor Katholiken und Protes-tanten gejammt.
Im Frühjahr habt ihr in einer spektakulären Tat 300 Westlife-CDs verbrannt, was hatte es eigentlich damit auf sich?
Es kann doch wohl nicht sein, dass fünf ausgewiesene Nieten mehr Hits in England haben als die Beatles, vor allem, wenn sie sich anhören wie eine Mischung aus Daniel O'Donnell und The Tweenies. Solche Boygroups haben null Talent und öden mich einfach nur an. Im Rückblick war die Aktion etwas kindisch, zugegeben, aber ehrlich ist sie dennoch gewesen. Interview: Tom Fuchs
morgen, 21 Uhr, Große Frei-heit 36
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