: Ein Erfolg für die Frauen in der SPD
Der Antrag zur Familienpolitik fordert eine Abkehr vom Ehegattensplitting. Dies gilt als „revolutionär“
NÜRNBERG taz ■ Bei den Themen Familienpolitik und Gleichstellung fühlte sich der Parteivorsitzende selbst aufgerufen, die weiblichen Delegierten zu ermutigen. Das, worüber gerade gesprochen worden sei, bleibe „das wichtigste gesellschaftliche Thema der nächsten Jahrzehnte“, meinte Gerhard Schröder. Zuvor hatte die Frauenpolitikerin Karin Juncker von der „Verbitterung“ gesprochen, die das aufgeschobene Gleichstellungsgesetz ausgelöst hatte. Sollte die freiwillige Selbstverpflichtung der Wirtschaft nicht ausreichen, werde man 2003 eine gesetzliche Regelung erneut „ins Auge fassen“.
Gleichstellung und Familienpolitik –zwei Themen, die die SPD für sich wiederentdecken will. „Wir streben (...) in der nächsten Legislaturperiode eine Umgestaltung des Ehegattensplittings an, um von der Förderung der Ehe auf die Förderung der Kinder zu kommen“, heißt es in dem Leitantrag zur Familienpolitik, der gestern in Nürnberg verabschiedet wurde. Um diesen Satz hatten die SPD-Frauen ringen müssen, stellt er doch die bisherige Politik der Partei in Frage. Von einer Umkehr der Verhältnisse kann dennoch keine Rede sein – eher vorsichtig setzt die SPD auf eine Abkehr von bisherigen Traditionen: nicht mehr die Kleinfamilie mit Trauschein, sondern die verschiedenen Formen des Zusammenlebens, ob verheiratet oder allein erziehend, rücken ins Blickfeld und sollen künftig finanziell gestärkt werden. Den Unmut der Kinderlosen federte die SPD vorsorglich ab. Die Interessen von Kinderlosen und Eltern wolle man „nicht gegeneinander ausspielen“, schließlich gebe es freiwillige und unfreiwillige Gründe für Kinderlosigkeit, heißt es im Leitantrag.
Mit dem Bemühen um eine „Umgestaltung“ des Ehegattensplittings – das Wort Abschaffen wurde vermieden – kommt die SPD den Grünen ein Stück entgegen. Bislang hatten diese erfolglos für die Abschaffung gestritten – stattdessen ließ die SPD das Kindergeld erhöhen, eine bislang eher klassische Verteilungspolitik. Das Splitting führe, heißt es im SPD-Antrag, bei „Ehen, in der ein Partner nicht erwerbstätig ist und der andere Partner ein Spitzeneinkommen hat, zu nicht gerechtfertigten Steuerentlastungen“.
SPD-Vize Renate Schmidt hofft bei der Reform des Splitting auf einen Schub: Mit den freiwerdenden vier bis sechs Milliaraden Mark könnten die Kommunen und Länder die Betreuungseinrichtungen für Kinder verbessern. Ein föderatives Treffen soll die Möglichkeiten einer Infrastruktur für die Ganztagsbetreuung „für Kinder aller Altersgruppen“ ausloten und anschließend die Ergebnisse als „nationalen Aktionsplan Familie“ umsetzen. Auf dem Weg zu einer familienfreundlicheren Politik fordert die SPD die Einsetzung einer Kommission durch die Bundesregierung. Dieser wurde auch ein Prüfauftrag erteilt – darüber, ob das Erziehungsgeld für ein Jahr als Lohnersatz dienen kann. Mit einem solchen Modell hofft man vor allem den besser verdienenden Männern einen Anreiz zur Kindererziehung zu bieten.
SEVERIN WEILAND
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