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Wie vor 30 Jahren

Durch die Große Bergstraße in Altona rollen wieder Autos: Aufgepinselte Fahrbahn in Hamburgs ältester Fußgängerzone  ■ Von Gernot Knödler

Hamburgs erste Fußgängerzone ist auch die erste, die wieder aufgehoben wurde. Der Altonaer Bezirksamtsleiter Uwe Hornauer unternahm gestern im dunkelblauen Audi die erste vorsichtige Fahrt durch die provisorisch abmarkierte Gasse. Mit der Öffnung versucht der Bezirk auf den Abstieg der Einkaufsmeile zu reagieren. Sie soll ergänzt werden durch eine Aufwertung der Rest-Fußgängerzone und durch den Umbau des Bahnhofs Altona zu einem Einkaufszentrum.

Den Weg in die „neue“ Bergstraße weist ein Dutzend Holzpoller: Von der Luise-Schröder-Straße aus dürfen Autos jetzt im Schritttempo übers Pflaster der ehemaligen Fußgängerzone rollen. An der Goethestraße werden sie durch weitere Poller gezwungen, nach links in die Altonaer Poststraße abzubiegen.

Für den Durchgangsverkehr dürfte diese Route uninteressant sein, weil sie einen Umweg darstelle, kalkuliert der Altonaer Baudezernent Reinhold Gütter. In die neue Straße sollen nur der Lieferverkehr, die KundInnen der Geschäfte und die PatientInnen der vielen Praxen fahren. Für RadlerInnen soll ein Weg in Gegenrichtung abmarkiert und der Rest Fußgängerzone bis zum Bahnhof Altona freigegeben werden.

Von der aufgemalten Fahrbahn zweigen alle paar Meter aufgemalte Parktaschen mit mehreren Plätzen ab – insgesamt sollen es nach dem Abriss weiterer Pavillons am Ende rund 50 sein. „Wer hier nichts findet“, sagt Gütter, „kann ins vollkommen untergenutzte Parkhaus des Einkaufszentrums fahren.“

Der provisorische Umbau hat den Bezirk 150.000 Mark gekostet, hauptsächlich wegen des Abrisses verschiedener Hochbeete und Sitzgruppen. Statt der rund 30 Platanen, die im Wege standen, sollen zehn neue in gusseiserne Scheiben gesetzt werden. „Das gibt ein sauberes Gesamtbild und erleichtert der Stadtreinigung die Arbeit“, heißt es in einer Mitteilung des Bezirksamtes. Für den endgültigen Umbau der ehemaligen Fußgängerzone wurden beim Senat 3,88 Millionen Mark beantragt.

Der Bezirk hatte sich zum Handeln veranlasst gesehen, nachdem immer mehr Geschäfte am östlichen Ende der Straße hatten aufgeben müssen und durch Billig-Läden ersetzt worden waren. S. Ileri, der an der Einfahrt seit vier Monaten einen Laden mit Handy-Gehäusen, fantasievollen Feuerzeugen und billigen Uhren betreibt, ist zum Beispiel hergekommen, weil ein Laden hier so wenig kostet wie anderswo ein Lager.

Ileri bezweifelt allerdings, dass die Öffnung viel bringen wird. Schon bisher seien Autofahrer einfach durch die Fußgängerzone gefahren, ohne dass das den Geschäften geholfen hätte. Wie zum Beweis rollt ein blauer Audi direkt vorm Schaufenster vorbei. Es ist nicht der des Bezirksamtsleiters.

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