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Keine Kompromisse

Thomas Rupprath holt sich bei der DM in Rostock den Weltrekord, Franziska van Almsick das Selbstvertrauen

ROSTOCK taz ■ Für einen Schwimmer sind die letzten Minuten vor dem Start das Schlimmste. Gemeinsam mit den ebenso angespannten Konkurrenten wartet man auf den Einmarsch, während die Nerven flattern und der Puls rast. Thomas Rupprath war vor seinem 200-Meter-Schmetterling-Finale bei den Deutschen Meisterschaften jedoch ganz in sich gekehrt. Etwas Großes hatte er vor – und dabei interessierten ihn die Gegner wenig. Auch wenn er, um nicht arrogant zu scheinen, nicht zugeben wollte, dass sein neuer Weltrekord von 1:51,21 Minuten geplant war: „Ich wollte in etwa meinen deutschen Rekord egalisieren.“

Sein Trainer Henning Lambertz fiel ihm jedoch in den Rücken: „Wir hatten genau die Marschtabelle der bisherigen Marke des Franzosen Franck Esposito studiert und unsere Renneinteilung danach ausgericht.“ Es war nicht der erste Rekord von Rupprath, der Neusser hat auf der 25 Meter kurzen Bahn bereits etliche Europarekorde gebrochen. Einen solchen Qualitätssprung konnte und durfte bis auf seinen Trainer niemand erwarten: „Alle Trainingsdaten haben darauf hingewiesen, dass er das kann.“ Die Verbesserung erreichte man durch eine Optimierung der Vorbereitung: Alles wurde abgestimmt, um eine Weltklasseleistung zu ermöglichen. Zu viele Kompromisse und Hineinreden von anderen sehen Rupprath und Lambertz als Grund, dass man in der Vergangenheit winters erfolgreich war, aber sommers meist patzte. Nach dem neuen Rezept soll es in Zukunft endlich auch auf der ungeliebten Langbahn klappen.

Die liegt Franziska van Almsick deutlich mehr: Sie führt die ewige Weltbestenliste über 200 Meter Freistil auf der langen Bahn seit nunmehr sieben Jahren an, bei der Kurzbahn liegt sie nur auf Rang fünf. Doch gehört es zur Abkehr von ihrem Ruf als Diva und zu ihrem neuen Selbstbild als harte Arbeiterin, dass sie sich auch unliebsamen Dingen stellt. Das Finale über 200 Meter Freistil war der Nachweis, dass sie trotz aller Unkenrufe noch immer zum Anschluss an die Weltspitze fähig ist: Als deutsche Meisterin in 1:57,45 Minuten erreichte sie nach 14 Monaten Wettkampfabstinenz immerhin Rang neun der Weltrangliste.

„Ich war froh, dass das Rennen nicht 201 Meter lang war“, beschrieb sie, wie sehr sie sich verausgabt hatte. Erstmals seit Jahren schwamm sie nicht unter, sondern über ihren Verhältnissen – und erntete Selbstvertrauen: „Das war ein Zeichen für mich, dass es noch nicht vorbei ist.“ Auf die Europameisterschaften in Antwerpen wird sie verzichten: „Ich habe große Ziele, aber nicht auf der Kurzbahn.“ Rostock war ein Anfang, nicht mehr. SEBASTIAN MOLL

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