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Ausbau von Plutoniumfabrik genehmigt

Internationales Seegericht lehnt Klage Irlands gegen eine Produktionsausweitung der britischen Atomanlage Sellafield ab, weil es „keine Dringlichkeit“ sieht. Allerdings muss die britische Regierung Schutzmaßnahmen vorstellen

DUBLIN taz ■ Der Internationale Seegerichtshof in Hamburg hat grünes Licht für die Erweiterung der britischen Atomanlage Sellafield im Nordwesten Englands gegeben. Die 14 UN-Richter lehnten gestern einen Antrag Irlands ab, die Wiederaufarbeitung von Mischoxid-Brennstäben (MOX) zu stoppen – und damit auch den weltweiten Handel mit Plutonium, einem Hauptbestandteil der Brennstäbe.

Die Richter argumentierten, zusätzliche Atomtransporte über die Irische See seien erst im Oktober kommenden Jahres zu erwarten. Bis dahin sei ein Schiedsgericht installiert, das über die zusätzliche Unfallgefahr befinden könne.

Die UN-Richter machten der britischen Regierung jedoch zur Auflage, bis zum 17. Dezember eine Liste von Maßnahmen vorzulegen, die eine Verseuchung der Irischen See verhindern sollen. Außerdem muss sie erklären, wie sie die Auswirkungen der MOX-Anlage auf die Umwelt zu überwachen gedenkt.

Die britische Regierung hatte im Oktober entschieden, die Wiederaufarbeitungsanlage in Betrieb zu nehmen, da die wirtschaftlichen Vorteile größer seien als etwaige Umweltrisiken. Nach europäischem Recht muss eine Atomanlage wenigstens profitabel sein, wenn sie schon die Umwelt radioaktiv verseucht. Die Betreiberfirma von Sellafield, British Nuclear Fuels (BNFL), erklärte, von der Inbetriebnahme der MOX-Anlage hingen 300 Jobs ab. BNFL-Geschäftsführer Norman Askew: „Die Anlage muss nur zu 40 Prozent ausgelastet sein, um keine Verluste zu machen.“ Bisher sind nur die Schweiz und Deutschland MOX-Kunden. Zusätzlich notwendige Aufträge aus Japan blieben aus, nachdem BNFL versucht hatte, die japanischen Atomunternehmen mit gefälschten Sicherheitsdaten hinters Licht zu führen.

Die MOX-Anlage ist bereits seit fünf Jahren betriebsbereit, wurde jedoch nicht eingeschaltet, weil das britische Atomanlageninspektorat der Betreiberfirma „systematische Managementfehler und Dokumentenfälschung“ vorgeworfen hatte.

Sellafield gehört zu den unfallträchtigsten Atomanlagen weltweit und ist von Irland nur durch die schmale Irische See getrennt. In einem Bericht der Europäischen Union heißt es, im Falle einer Katastrophe müsse mit bis zu einer Million Opfern gerechnet werden.

Die MOX-Wiederaufarbeitungsanlage soll zu Weihnachten in Betrieb genommen werden. Dagegen ist in London noch eine Klage von Umweltschutzorganisationen anhängig.

RALF SOTSCHECK

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