Später überdacht

KundInnen-Verzweiflung, Teil 2: Telefonzellen werden nach und nach durch Masten ersetzt.  ■ Von Kaija Kutter

Nicht nur an Fahrkartenautomaten, von denen die taz gestern berichtete, auch an Telefonautomaten kann man als VerbraucherIn verzweifeln. Tatort Rahlstedter Bahnhof, Montag ganz früh: das Portemonnaie des Partners samt HVV-Abo-Karte aus Versehen mit dem eigenen vertauscht. Das muss der HVV-Abonnent dringend wissen, bevor er unwissentlich schwarz-fährt. Nur wie, ohne Handy? Und ohne Telefonkarte, wie sich nach Durchsicht der fremden Brieftasche herausstellt.

Direkt vorm Bahnhofsgebäude stehen zwei Telefone, neu und ohne Dach, dafür mit Münz- und Kartenschlitz. Nur leider nehmen sie kein Hartgeld. Die D-Mark kullert rein und kommt auch nach hastigem Drücken auf die Gabel nicht wieder raus. Klamme, kalte Finger außerdem. Warum gibt es denn keine Häuschen mehr in der Nigelnagelneuzeit? An vielen Straßen ist derzeit zu beobachten, wie Laster mit Hebekränen die gemütlichen Buden – mal rosa, mal altertümlich gelb – auf ihre Ladeflächen hieven und schlicht entführen.

Umsonst zu den ganz alten Telefonhäuschen gelaufen, die am Westende des Bahnhofs noch stehen. Die nehmen nur Karten. Also gut, dann zur Post am Ostende hinterm Busbahnhof joggen. Derweil fährt die S-Bahn ab. Auch dort keine Münzannahmne bei den Automaten, dann eben brav am Schalter anstehen und für 12 Mark eine Telefonkarte kaufen. Zurück zu den neuen Telefonenpfosten ohne Dach. Es funktioniert, der Fernsprechkontakt kommt zustande.

Peter Kespohl, Sprecher der Telekom, hat für die Vorkommnisse eine Erklärung. Schuld sind eigentlich die BetrügerInnen. In zweistelliger Millionenhöhe, so Kespohl, sei die Telekom geschädigt worden von Personen, die die Chips der Telefonkarten illegal wieder aufluden. Um diesem Missbrauch, der vor allem in den Großstädten Berlin und Hamburg seine Blüten treibt, einzudämmen, hat das Unternehmen die Haltbarkeit neuer Karten auf 36 Monate begrenzt. Das gilt bundesweit erst ab Ende Dezember, für die VerbraucherInnen der Betrügerhochburgen Hamburg und Berlin aber schon jetzt. Sparsame TelefoniererInnen, die Karten besitzen, die vor Oktober 1998 erworben wurden, müssen diese an „T-Punkten“ eintauschen, weil sie nicht mehr funktionieren.

Um den Frust der KundInnen in Grenzen zu halten, so die Telekom, baue man in Hamburg derzeit unter Hochdruck die „Telestationen“ auf, die eigentlich omnipotent sind. Sie nehmen theoretisch sowohl Telefon- und Kreditkarten an als auch Münzen und – das wird vor allem im Januar wichtig – für eine Übergangszeit Mark und Euro. Nur leider, so bittet Kespohl um Verständnis, sei die Software, die die Münzerkennung regelt, noch nicht überall installiert. Schade auch.

Langfristig, so verspricht er, wird es in Hamburg drei Sorten von Telefonzellen geben. Der größte Teil der alten Häuschen (bundesweit 110.000) bleibe bestehen. An wichtigen Knotenpunkten wie Flughäfen und Bahnhöfen kommen hochmoderne „Telefonkioske“ mit Internetzugang zum Einsatz (bundesweit nur 1000 Stück). Und überall dort, wo bisher Münz- und Kartenzellen nebeneinander standen, werden nach und nach die dachlosen Masten eingesetzt.

Die – und das ist die eigentlich wichtige Nachricht – nicht dachlos bleiben. Das Material der 10.000-Marks-Geräte ist zwar wind- und wetterfest, die KundIn jedoch nicht, hat auch die Telekom erkannt und verspricht, die nötigen Hauben nachzuliefern.