: Wasser für (fast) alle
Auf der Internationalen Süßwasserkonferenz einigen sich die Delegierten, die Privatwirtschaft mehr einzubinden, auch wenn das Subventionen kostet
aus Bonn GERT EISENBÜRGER
Etwa 1,2 Milliarden Menschen weltweit haben derzeit keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Diese Zahl soll bis zum Jahr 2015 halbiert werden. Das verkündete Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) gestern zum Abschluss der internationalen Süßwasserkonferenz in Bonn.
Fünf Tage hatten die Delegierten aus 118 Ländern beraten, wie die Wasserversorgung vor allem in der Dritten Welt verbessert werden könne. Laut der Ministerin war es erstmals gelungen, alle relevanten AkteurInnen, sprich VertreterInnen von Regierungen, internationalen Organisationen, Unternehmen und RepräsentantInnen der Zivilgesellschaft, an einen Tisch zu bringen.
Fast ebenso problematisch wie der Zugang zu hygienisch einwandfreien Wasser sei der Anschluss an Abwassersysteme, der sogar 2,5 Milliarden Menschen fehle. Die Folgen seien verheerende Infektionskrankheiten, denen vor allem Kinder zum Opfer fielen. Hier müsse dringend gehandelt werden.
In die Wasserver- und entsorgung werden derzeit weltweit jährlich 70 bis 80 Milliarden US-Dollar investiert. Notwendig seien aber Investitionen von 180 Milliarden Dollar. Die Lücke kann nach Ansicht von Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) nur privat finanziert werden. Voraussetzung dafür seien kostendeckende Preise. Darüber sei man sich auf der Konferenz ebenso einig gewesen wie darüber, dass Wasser für die Ärmsten kostenlos zur Verfügung stehen müsse.
Kostendeckende Preise seien, so Trittin weiter, ein probates Mittel gegen die Wasserverschwendung. Die schlimmsten Verschwender seien nicht die Ärmsten, sondern internationale Unternehmen. Es könne nicht angehen, dass rheinische Blumenproduzenten in Kenia Schnittblumen für den deutschen Markt produzierten, weil sie dort Wasser umsonst bekämen. Das Beispiel erschütterte aber keineswegs den Glauben des Ministers an die positive Rolle der Privatwirtschaft.
Trittin und Wieczorek-Zeul betonten unisono, dass eine „Entwicklungspartnerschaft mit der Wirtschaft“ notwendig sei. Die Wasserwirtschaft soll durch großzügige öffentliche Unterstützung bewogen werden, verstärkt in die Wasserversorgung der Länder des Südens zu investieren.
In der Praxis sieht das heute so aus, dass ein deutsches Unternehmen, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und die entsprechenden Institutionen der Zielländer an Projekten der Wasserversorgung einer Stadt oder Region beteiligt sind. Die Hälfte der Investitionen tragen normalerweise die Unternehmen, den Rest das Ministerium. Die Anlagen verbleiben dann, wie die Gewinne, im Besitz der Unternehmen.
Als Erfolg der Konferenz werteten Trittin und Wieczorek-Zeul die Ankündigung der Wasserunternehmen, einen Verhaltenskodex gegen Korruption und Bestechung zu verabschieden. Korruptionsskandale um die Privatisierung von Wasserwerken in der Dritten Welt hatten der Branche negative Schlagzeilen beschert. Nach der bisherigen Erfahrungen mit Selbstverpflichtungen, ist allerdings Skepsis angebracht.
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