Bin Laden in der Zange

Nordallianz: Der Terrorist befindet sich noch in Tora Bora. Exkönig kehrt nach Afghanistan zurück

Die afghanischen Oppositionstruppen rücken dem mutmaßlichen Versteck von Ussama Bin Laden immer näher. Allerdings stießen etwa 3.000 Anti-Taliban-Kämpfer nahe der Bergfestung von Tora Bora in Ostafghanistan auch gestern auf heftigen Widerstand. Ein Kommandeur der Nordallianz sagte dem Rundfunksender BBC, es sei „zu 100 Prozent sicher“, dass sich Bin Laden in der Region verstecke.

Bin Laden habe sich mit 1.000 getreuen Kämpfern auf die Berggipfel zwischen Tora Bora und der Wasiri-Schlucht zurückgezogen, glaubt der Befehlshaber der Anti-Taliban-Einheiten, Hasrat Ali. Dort hätten sie ein unterirdisches Verbindungssystem errichtet. Ihre Lage verschlechtere sich jedoch zusehends.

Unbemannte Spionagedrohnen machten gestern erneut aus großer Höhe Luftaufnahmen des unzugänglichen Bergmassivs. Auch US-amerikanische B-52-Bomber flogen wieder Einsätze. Die Al-Qaida-Kämpfer hätten mit massivem Granatfeuer reagiert.

Den USA liegt nach Angaben des Vizepräsidenten Cheney ein Video vor, das die Verwicklung Bin Ladens in die Anschläge am 11. September belegt. Der im afghanischen Dschalalabad gefundene Film beweise zweifelsfrei, dass Bin Laden von den Anschlägen gewusst habe, sagte Cheney. Möglicherweise werde das Band veröffentlicht, fügte ein US-Regierungssprecher hinzu.

US-Marineinfanteristen haben gestern in Kandahar das ehemalige Gebäude der US-Botschaft in der Hauptstadt Kabul besetzt. Mit dabei seien zivile Mitarbeiter des US-Außenministeriums, so ein Sprecher der US-Armee. Eine Entscheidung über eine mögliche Wiedereröffnung der Botschaft sei nicht getroffen.

Der afghanische Exkönig Sahir Schah will nach 29 Jahren im römischen Exil am 21. März 2002 in sein Heimatland zurückkehren. Sahir habe seine Rückkehrpläne mit dem UN-Beauftragten für Afghanistan, Lakhdar Brahimi, besprochen.

Die afghanische Nordallianz will bei der Stationierung einer internationalen Friedenstruppe in Kabul militärisch präsent sein. Ein Sprecher sagte gestern, einige Einheiten des Nordallianz-Militärchefs sowie künftigen Verteidigungsministers General Kasim Fahim würden in Kabul stationiert. Zudem werde es einer UN-Friedenstruppe nicht erlaubt, in den Straßen Streife zu laufen. Sie dürfe „nur dort patrouillieren, wo die neue Regierung“ zusammenkomme. In dem Abkommen zur Afghanistan-Konferenz auf dem Petersberg bei Bonn waren die Verhandlungspartner übereingekommen, Kabul zu demilitarisieren. Zudem soll demnach die geplante UN-Friedenstruppe in ihrem Stationierungsgebiet die einzige Militärpräsenz sein.

Die ehemalige Sowjetrepublik Tadschikistan erlaubt den USA, Frankreich und Italien die Stationierung von bis zu 4.000 Soldaten auf ihrem Territorium. Auf dem etwa 100 Kilometer von der Grenze entfernten Luftwaffenstützpunkt Kuliab sollen 40 bis 50 Kampfflugzeuge stationiert werden, wie ein tadschikischer Militär am Montag der Nachrichtenagentur AFP sagte. Die Soldaten sollten „bis zum Ende ihrer Anti-Terror-Operation“ in Kuliab bleiben, bestätigte der für Sicherheitsfragen zuständige Vizeregierungschef Saidamir Suchurow der russischen Agentur Interfax. Nach Angaben des tadschikischen Außenministeriums befinden sich bereits 21 US- und 38 italienische Soldaten im Land.

Nach Usbekistan ist Tadschikistan die zweite an Afghanistan grenzende GUS-Republik, die ihr Territorium für Truppen der Anti-Terror-Koalition öffnet. In Usbekistan sind nach Angaben aus Taschkent derzeit etwa 1.500 US-Soldaten stationiert.

DPA/AFP/RTR