Sonnige Retrospektive

■ Museum für Kunst und Gewerbe präsentiert strahlende Bilanz und zeigt Anfang 2002 kulturhistorische „Nackt“-Ausstellung

Es begibt sich zu der Zeit, da das Jahr sich rundet, dass alle Welt sich aufmache zu den Bilanzpressekonferenzen der Museen. Und wie immer ergeht der Ruf zuerst aus dem Museum für Kunst und Gewerbe, auf dass man höre, was sich zugetragen. Und siehe – es ist eitel Freude und den Direktoren ein Wohlgefallen: Zehn Prozent mehr BesucherInnen als im Jahr 2000 kamen in die über 40 Ausstellungen – insgesamt etwa dreihunderttausend.

Und ein partout nicht genannt werden wollender Wohltäter hat zehn Millionen Mark zugesagt für weitere Ausbaumaßnahmen des Hauses. Bei so viel Erfolgserlebnissen versteht man, dass Direktor Hornbostel es vorgezogen hat, nicht Kultursenator zu werden. Nur eine kritische Anmerkung gab es am Dienstag: Co-Direktor Helmut Sander macht die politische Tendenz gegen den zweiten Arbeitsmarkt Sorgen. Denn von den 45 MitarbeiterInnen des Hauses sind acht ABM-Kräfte, fünf davon schwerbehindert. Und es wäre schade, wenn die für beide Seiten hilfreiche Konstruktion nicht weiterbestehen könnte. Ansonsten wandte man sich gut gelaunt den Plänen für 2002 zu, dem Jahr, an dessen 25. September das Museum sein 125-jähriges Jubiläum feiern kann. Schon bald wird mit dem Umbau begonnen, der im Mitteltrakt 400 Quadratmeter neuen Ausstellungsraum schafft, den Museumsshop vervierfacht, die Terrasse erweitert und die Verwaltung – bisher im repräsentativen Erdgeschoss ansässig – ins Souterrain verbannt. Zuletzt soll der Haupteingang großzügiger gestaltet und ein weiterer behindertengerechter Aufzug eingebaut werden.

An der Ausstellungsvorschau fallen folgende Pläne besonders auf: Die zum zweiten Mal stattfindende „Triennale der Photographie“ begleitet das Museum für Kunst und Gewerbe ab April mit Bildern zum Mythos St.Pauli und im September mit dem fotografischen Werk des Revolutionsidols Che Guevara. Im Mai wird die Wanderausstellung über die Pyramiden übernommen, aber ganz neu gestaltet, was angesichts der zurzeit in Köln laufenden, stark unteroptimalen Präsentation dringend nötig ist.

Großen Wert legt das Haus auf die am 1. Februar beginnende Ausstellung mit dem knackig kurzen Namen Nackt. Die von Nils Jockel seit der Clinton-Sex-Affäre angedachte Schau befasst sich – so der Untertitel – mit der 2500-jährigen Ästhetik der Blöße. Dabei werden über 200 im eigenen Sammlungsbestand aufgefundene Stücke von der antiken Vase bis zum Benetton-Plakat nach Themen wie Gewalt, Tabu oder Kirche aufbereitet.

Denn der nackte Körper ist ja nicht nur für Anatomen, Werber und Voyeure interessant, er wurde mit oft nur minimalem Schamschutz immer auch im religiösen Zusammenhang präsentiert: antike Götter und christliche Putten, Eva, Adam, der heilige Sebastian und Jesus selbst. Sex sells wird eine der 14 Themenabteilungen heißen. Und das ist dann wohl auch mit ein Grund für diese Ausstellung als Ganzes. Hajo Schiff