WAHLEN IN AFRIKA WERDEN BANAL – UND IHRE MANIPULATION AUCH: Mit Listen die Demokratie überlisten
Präsidentschaftswahlen in Gambia. Parlamentswahlen in Gabun. Präsidentschaftswahlen auf Madagaskar und in Sambia. Ein Verfassungsreferendum in Guinea. Streit um ein neues Wahlgesetz in Nigeria. Streit um Wählerregistrierung in Togo. Streit um ausländische Wahlbeobachter für Simbabwe. Fast jede Woche bringt inzwischen Nachrichten über Wahlen in Afrika. Die meisten werden in den internationalen Medien ignoriert. Wahlen sind banal geworden.
Das ist erstaunlich. Denn dass Diktatoren weltweit noch längst nicht besiegt sind, ist bekannt. Und Friedensbemühungen in allen Krisengebieten der Welt kreisen darum, wie allen Teilen der Bevölkerung eine gerechte Vertretung in den Institutionen und ein gerechter Zugang zu den Ressourcen gewährleistet werden kann. Wahlen sind dabei immer noch der Schlüssel.
Das Ergebnis einer Wahl ist der sichtbarste Teil des demokratischen Prozesses. Aber er wird bestimmt durch zahlreiche Vorentscheidungen, denen immer noch zu wenig internationale Aufmerksamkeit zuteil wird. Die erste ist die, wer die Wahl organisiert. Eine unabhängige Wahlkommission ist neutraler als das Innenministerium. Die nächste Vorentscheidung ist, ob tatsächlich alle Bürger im wahlberechtigten Alter im Wahlregister stehen, und zwar jeder nur einmal. Dann geht es darum, ob jeder Mensch auf der Wahlliste eine – und zwar nur eine – Wahlkarte erhält, um wählen zu gehen. Ferner ist wichtig, wie neutral die Kriterien sind, nach denen Kandidaten zu einer Wahl zugelassen werden, und ob diese Kandidaten einen fairen Wahlkampf führen dürfen.
Wenn es bei all diesen Prozeduren Probleme gibt, und das ist in fast allen aufgelisteten Ländern der Fall, dann kann kein demokratisches Ergebnis herauskommen, auch wenn der Ablauf in den Wahllokalen korrekt war und die Auszählung über alle Zweifel erhaben ist. Die Beispiele, wo ein unzufriedener Präsident einfach das Ergebnis fälscht, sind zum Glück rar geworden. Aber das liegt weniger an einer neuen Begeisterung für die Demokratie als vielmehr daran, dass die heimlichen Manipulationen im Vorfeld immer ausgeklügelter werden. Wer darauf hinweist, findet hier oft kein Gehör – auch wenn der Wahlprozess von europäischen oder anderen internationalen Geldgebern finanziert wird, wie dies in den meisten Ländern Afrikas der Fall ist.
Zehn Jahre nach dem Ende der afrikanischen Einparteiensysteme ist eine Bilanz der Mehrparteiensysteme dringend geboten. Sonst entstehen neue Methoden der autokratischen Herrschaft, die die Demokratie diskreditieren und die Völker Afrikas weiter knechten. DOMINIC JOHNSON
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