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Schlag am Morgen

Hilfsverein für iranische Flüchtlingskinder durchsucht. Verdacht: Sozialhilfe für politische Zwecke verwendet

KÖLN taz ■ Kurz nach sechs Uhr war es so weit: Polizei und Staatsanwaltschaft rissen gestern zeitgleich in mehreren Wohngruppen der Iranischen Flüchtlingskinderhilfe in Köln die Bewohner aus dem Schlaf. Insgesamt 25 Objekte wurden durchsucht, darunter Einrichtungen in Köln sowie Wohnungen im Ruhrgebiet, in Bremen, München oder Hamburg. „Wir gehen dem Verdacht des Sozialhilfebetrugs nach“, erklärte die Kölner Oberstaatsanwältin Regine Appenrodt die überraschende Aktion.

Der Verein betreut in mehreren Heimen Flüchtlingskinder aus dem Iran. Die Staatsanwaltschaft prüfe, ob Sozialhilfegelder für diese Kinder unrechtmäßig abgerechnet wurden, sagte Appenrodt. Erstmalig war die Iranische Flüchtlingskinderhilfe im Sommer vergangenen Jahres in die Schlagzeilen geraten. Unter Berufung auf einen internen Bericht des Bundeskriminalamtes erhob das Magazin Focus schwere Vorwürfe gegen den in Köln ansässigen Verein. Er sei eine Tarnorganisation der militanten links-islamistischen iranischen Volksmudschaheddin, die städtische Gelder für Waffenkäufe zweckentfremde und Kinder indoktriniere. Damals noch im Vereinsvorstand: die Grünen-Politikerinnen Anne Lütkes, schleswig-holsteinische Justizministerin, und Kerstin Müller, die Bundestagsfraktionschefin der Grünen.

Die Vorwürfe gegen die Iranische Flüchtlingskinderhilfe seien haltlos und dürften nicht weiter verbreitet werden, urteilte hingegen das Berliner Landgericht, vor dem Müller, Lütkes und ihr Ehemann Christoph Meertens gegen den Focus geklagt hatten. Während Müller und Lütkes inzwischen aus dem Vorstand ausgeschieden sind, ist Meertens weiterhin Vorsitzender des Vereins. Gegenüber der taz zeigte er sich völlig überrascht von der Durchsuchungsaktion: „Wir dachten, die Vorwürfe seien längst zu den Akten gelegt worden.“ Verärgert zeigte sich der Anwalt des Vereins. In den Wohngruppen angetroffene Mädchen und Jungen seien mit langen Röhrchen Speichelproben entnommen worden, um ihre Identität festzustellen. Auch seien die Fahnder nicht alleine gekommen. „Als die Beamten am Morgen die Wohnheime stürmten, waren Fotografen des Magazins Focus dabei.“ Der Focus habe offenbar erneut seine „guten Kontakte“ zum Bundeskriminalamt spielen lassen.

Zu den genauen Verdachtsmomenten gegen den Verein wollte Oberstaatsanwältin Appenrodt aus Rücksicht auf das laufende Verfahren nichts sagen. Allerdings werde weder gegen Meertens noch gegen Müller oder Lütkes ermittelt. Es heißt, die Ermittler hätten stattdessen zwei iranische Frauen im Visier, die möglicherweise hochrangige Vertreterinnen der Volksmudschaheddin seien und zeitweise in Kontakt mit dem Kölner Hilfsverein standen. Sie sollen auch der Grund dafür sein, dass der Verfassungsschutzbericht den Verein dem „Einflussbereich“ des „Nationalen Widerstandsrats Iran“ zurechnet. PASCAL BEUCKERFRANK ÜBERALL

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