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SPÄTKAUF

Geschenktipps der Kulturredaktion

Fotokalender

Letztes Jahr wurden an dieser Stelle sogar Inseln verschenkt, Kostenpunkt 7,5 Millionen Dollar. Nicht dass hier jemand das Geld dazu hätte, obwohl der besagte Kollege seinem Traum schon etwas näher gekommen ist, er ist jetzt bei der FAZ.

Aber bleiben wir doch am Boden: Die bemitleidenswerten Angestellten dieser Zeitung kriegen kein Weihnachts- noch Urlaubsgeld, kein dreizehntes Monatsgehalt, und den meisten Menschen draußen in der Welt geht es nicht viel anders. Und was freut eine Oma mehr als etwas Selbstgebasteltes von ihren Enkelkindern? Wenn Ihr Kind den Stift noch nicht gerade halten kann und mit der Schere nur eckige Konfetti produziert: basteln Sie selber!

Karstadt hat nette schwarzweiße Kalender mit Freiflächen für wunderschöne Kinderfotos –selbst Opas kriegen da vor Rührung Tränen in die Augen! Und das Geschenk hält das ganze Jahr! Was will man mehr? ee

Fotoalbum: erhältlich bei Karstadt für circa 6 Euro

Motzpuppen

Das ideale Geschenk für Weihnachtsmuffel: die Motz-Puppe, die es in jedem gut sortierten Dom-Laden für rund 13 Euro gibt – als Motz-Mutti, Motz-Domina, Motz-Proll und Motz-Gay. Durch einen Schlag auf den Hinterkopf bringt man sie zum Sprechen, und dann heißt es „Hol mir mal’n Bier“ oder „Wie sieht’s denn hier wieder aus“. Warum nun gerade Mutti, Domina, Gay und Proll, weiß der Himmel. Die Adressaten aber schränkt das nur auf den ersten Blick ein – der Proll geht sozusagen als Allzweckwaffe an alle Väter, Freunde und Liebhaber, und auch die Domina eignet sich dafür, hat sie doch den besten Spruch im Hinterkopf: „Hör auf zu jammern!“ Damit kann sich weiß Gott jeder von 3 bis 93 und beiderlei Geschlechts gegen die Fährnisse des Weihnachtsfestes, des nächsten Jahres, des Euros und der Zukunft überhaupt wappnen. GBA

Milchschäumer

Für meine Oma gehört er selbstverständlich in den Bereich der überflüssigen Gegenstände, für die sie allenfalls Bezeichnungen wie Pipifax oder Killefit übrig hat.

Vor ein paar Jahren wurde er plötzlich Mode, auch wenn seine Besitzer meistens irgendetwas von Geschenk oder so ähnlich murmelten oder ihn gar nicht erst vorzeigten. Kurz bevor die Kaffeetassen aus der Küche getragen wurden, hörte man dann aber doch dieses für ihn typische leise Surren.

Inzwischen trifft man den elektrischen Schaumschläger auch an Orten, wo man ihn nie vermutet hätte: In leicht verwahrlosten Wohnungen einsamer Junggesellen oder bei Menschen, in deren dysfunktionaler Küche sich ansonsten nicht mal ein scharfes Messer findet.

Eigentlich ist der Schaumschläger dazu da, der warmen Milch im Café die typische, cappucinoartige Konsistenz zu verleihen. Aber auf der symbolischen Ebene leistet er viel mehr.

Morgens, wenn man sich mit halb geschlossenen Augen an den Herd geschleppt hat, erzeugt sein mit Rasierapparaten und Zahnarztbohrern verwandtes Geräusch plötzlich den Anschein von reger Geschäftigkeit. Selbst wenn die Wohnung kurz vor dem Christiane-F.-Stadium steht, ist da immer noch der Schaumschläger, der sich diszipliniert in die heiße Milch hineinsurrt und die wohlige Illusion von Zielstrebigkeit und Lebensfreude verbreitet. Empfehlenswert ist der Frappé-latte-Milchaufschäumer von Saeco („pure passion“) für circa 38 Mark. Wenn er etwas ausgeleiert ist, taugt er immer noch zum Ölfarbe-Umrühren oder zur Selbstverteidigung. nic

Notizbücher

Was Reelles: ein Notizbuch. Klein genug. Robust gebunden. Schlicht schwarz. Mit historischer Aura: Bruce Chatwin hatte sie auf seinen Weltreisen immer dabei. Also: Notizbücher der Firma Moleskine sind alltagstauglich und alltagstranszendierend. Ein hübsches Geschenk für viele Gelegenheiten. Man sollte nur eine kleine Schrift haben.

Kleiner Tipp: Schenken Sie es jemanden, der schon immer eigentlich einen Roman schreiben wollte. Das Geschenk wird ihn an dieses Vorhaben erinnern, und er wird sein Leben ändern. Oder es wird ihn in Abgründe der Selbstprüfung stürzen – und dann wird er ein für alle Mal von seinem Vorhaben lassen. In beiden Fällen hätten Sie viel bewirkt für wenig Geld.

Noch ein Tipp: Wenn Sie ein wirklich intimes Geschenk suchen – verschenken Sie ein von Ihnen selbst voll geschriebenes Notizbuch. Das ist der ultimative Test, ob der andere Mensch wirklich Sie meint. Natürlich werden im Büchlein viele Banalitäten stehen („Vorwurf an Jury: Halten Fetisch Text aufrecht; das ist künstlich in der medialen Situation“, anlässlich des Bachmann-Wettbewerbes). Aber eben auch viele Schlüssel für ein inniges Verstehen. Der (oder die) Beschenkte wird Fragen haben: Warum hast du damals „Besser scheitern“ notiert? Wieso fiel dir auf der Element of Crime gerade die Zeile auf: „Im Garten der Liebe hab’ ich Träume vergraben, die holt da keiner mehr raus“? Näher können Sie niemanden in ihr Leben lassen. drk

10 € (19,95 DM), in Buchhandlungen

Mondkuchen

„Fly me to the moon“, singt Frank Sinatra, und man schaut aus dem Fenster und denkt: Was soll ich da? Nein, zum Mond will schon seit einigen Jahren kaum noch jemand reisen, selbst die Nasa fliegt nicht mehr hoch, und die mutigen Männer, die zuerst auf diesem kargen und gar nicht blauen Planeten waren, sind heute Honorarprofessoren oder Fußmasseure. So trübe treiben einem die Gedanken durch den Kopf, während Sinatras Song mit „In other words I love you“ endet. Doch Halt! Ganz verflossen ist diese Liebe auch wieder nicht: Mittlerweile können sich bekennende Lunatics das unerreichbare Objekt der Begierde sogar stückchenweise kaufen. Zum Beispiel 700.000 Quadratmeter Mond, für 35 Euro. Dafür bekommt man ein Zertifikat der kalifornischen „Lunar Embassy“, die seit 1980 Grund und Boden von da oben vertreibt. Den deutschen Mondmarkt beliefert ein gewisser „Meito Service“ in Miesbach (www.meito.de), der, wenn man’s richtig bedenkt, zusätzlich noch ganz vernünftige Immobilien anbietet. Für 66 Euro gibt es dort nämlich auch 30 mal 30 Zentimeter Wiese an der nordöstlichen Küste Schottlands. Das Schnäppchen ist ein überaus ökologisches Projekt der „South Angus Survival“, die die verkauften Liegenschaften zu einem Naturschutzpark bündeln will. Der Clou bei der Sache: Man darf sich offiziell Laird nennen, wenn man schottisches Land besitzt. Das klingt gut, gerade zu Weihnachten und erst recht in Zeiten vom Laird of the Rings. hf

Greatest Hits

Nicht nur, weil DVD-Player immer billiger werden, sollte man sich langsam überlegen, einen anzuschaffen. Außerdem erscheinen zur Zeit immer mehr schöne Video-Compilations in diesem Format, Videos, die man früher selten sah, für die man Ende der Achtzigerjahre Stunden vor dem Fernseher saß, nur um sie ein einziges Mal auf MTV zu erwischen. „Greatest Hits“ von The Cure zum Beispiel: Achtzehn Videos zu achtzehn Hits von 1979 bis heute kann man darauf bewundern, Videos, die zu schön waren für „Formel eins“ und zu früh für MTV in Deutschland.

In einer Zeit, als viele noch dachten, man müsse sich einfach auf eine vernebelte Bühne stellen, die Lippen zum Text bewegen und fertig sei das Video, haben The Cure schon richtig nette Videos gedreht wie das zu ihrer Single „In Between Days“ von 1985. Die Kamera scheint in der Mitte des Raums befestigt und wird von Sänger Robert Smith weggestoßen und wieder aufgefangen, sodass es wirkt, als würde man von ihm auf einer Schaukel angeschubst – allerdings nicht am Rücken, sondern mit Blick auf sein Gesicht. Alle Videos auf dieser DVD sind chronologisch geordnet. Man sieht Robert Smith jung und knackig und dann immer weniger so. Es lässt sich beobachten, was aus einem sympathischen Grufti werden kann, der sich nie zu körperlichen Aktivitäten hat hinreißen hat. Fitness ist doof, findet Robert Smith ganz richtig, das kann man deutlich sehen, dann doch lieber in Würde schlaff werden und das blasse Bindegewebe in dunkle Gewänder hüllen. SM

The Cure: „Greatest Hits“, DVD, 44,96 DM

Adressbuch

Es ist sehr französisch: Handgearbeitet, in weiches dunkelblaues Leder gebunden, liegt es eingeschlagen in Seidenpapier in einer Schmuckschachtel. „Der tägliche Griff zum Adressbuch wird zu einem ästhetischen Genuss“, versichert daher der oder die VerfasserIn des Pressetextes. Ich denke zwar, dass es eher etwas mühselig ist, das kleine Büchlein täglich aus seiner Schmuckschachtel zu holen, um was nachzuschlagen oder einzutragen. Aber bitte. Es wird auch ohne Schmuckschachtel gehen, das Leder wird nachdunkeln und im Gebrauch Patina ansetzen. Und selbst wenn die Seiten leiden werden und den einen oder anderen Kaffee- oder Fettfleck abbekommen – so was kann das tatsächlich schön gearbeitet Adressverzeichnis aushalten.

Doch, es wird auch dann noch Spaß machen und ein ästhetischer, haptisch-taktiler Genuss sein, was es schließlich von seinen elektronischen Geschwistern unterscheidet. Diese faszinieren mich ebenfalls, aber manchmal ist eben so ein traditionelles, kleines leichtes Bändchen, das sich unkompliziert transportieren und batterieunabhängig benutzen lässt, das ideale Ding. Immer freilich werde ich über die Einteilung stolpern; als Mensch, der nicht in Paris lebt wie sein Erfinder Karl Lagerfeld. Denn außer den üblichen Feldern wie Name, Adresse, Telefon, Fax, Handy und E-Mail gibt es noch eine Rubrik, für die man anderswo eher weniger Verwendung hat: die Rubrik „doorcode“. Aber da man in Paris schon Bekannte hat und bei Adresseinteilungen doch immer ein Platz fehlt, wo man etwas hinschreiben kann, das man sich außerhalb der Regel merken will oder muss, macht gerade dieses Detail das Adressbuch perfekt. Wbg

Karl Lagerfeld, „The 7L Reminder“, 144 S., 26 Fotos von O. Kuwabara, 49 Euro, Vertrieb über Steidl Verlag Göttingen

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