: Aroma-Terror
■ Polizei brach in Wohnung ein und stellte Parfüm sicher. Trotzdem Haftbefehl
Das ist der Stoff, aus dem Polizeireporters Träume sind: Am Tag vor Silvester stürmte das Mobile Einsatzkommando die Wohnung des 33-jährigen Abdel Wahab O. K. in Hamburg-Horn und stellte verdächtige Substanzen sicher. Zuvor wurden 20 Menschen aus dem Wohnhaus evakuiert. „Sprengstoff in Hamburg gefunden“, titelte tags darauf ein Boulevardblatt. Im Hamburger „Stadtplan des Terrors“ stecke ein „neues Fähnchen“.
„Die Polizei hatte einen Tipp bekommen“, erklärte gestern Polizeisprecherin Ulrike Sweden. Demnach sollte der gebürtige Sudanese in seiner Wohnung explosive Chemikalien gelagert haben. Es könnte, so der Verdacht, sich um ein Mitglied der al-Qaida handeln. Doch der Fund, der nach dem gewaltsamen Aufbrechen der Wohnungstür von einem Sprengmeister in einem Speziallastwagen abtransportiert wurde, entpuppte sich nach Laboruntersuchungen als harmlos. In den Glasfläschchen befanden sich Flüssigkeiten, die „benutzt werden zum Haltbarmachen von Lebensmitteln“, wie die Polizeisprecherin erklärte. Ferner waren Aromastoffe zur Herstellung von Parfüm und schlichter Tee konfisziert worden.
Doch Abdel Wahab O.K., der in Hamburg Maschinenbau studiert, hilft das noch nicht viel. Trotz des Fehlalarms bleibt ein Haftbefehl wegen „Vorbereitung eines Sprengstoffverbrechens“ gegen ihn bestehen. „Es wurden Unterlagen im Haus sichergestellt, die müssen ausgewertet werden“, berichtet Sweden. Da dafür ein Dolmetscher benötigt werde, könne dies etwas dauern. Der Verdächtige war nicht zu Hause und gilt als flüchtig. „Vielleicht ist er ja nur im Urlaub, und alles ist ganz harmlos“, sagt Sweden. Nach dem 11. September müsse die Polizei jedoch vorsichtig sein.
Dafür, dass die Spur nicht ganz so heiß ist, spricht, dass Bundeskriminalamt darauf verzichtet, den Fall an sich zu ziehen. kaj
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