: Bauern in Bodenhaltung
Die alternativen Bauern wollen verhindern, dass der Bauernverband seine Kritiker in die Ökoecke schiebt
von WIEBE ERDMANSKI-SASSE
Andreas Remmelberger kommt kaum noch weg vom Schreibtisch, so viele Lügen gilt es in Leserbriefen zu dementieren. Er ist Bauer und Geschäftsführer des bayerischen Landesverbands der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Wir schreiben das Jahr Eins nach Verkündung der Agrarwende; der Bauernverband ist aus seiner Krisen-Starre erwacht und macht mobil. Das Feindbild ist klar: Grüne und Ökolandbau. Lokalzeitungen beschwören den Gegensatz zwischen Öko- und konventioneller Landwirtschaft, ebenso die gleichgeschaltete landwirtschaftliche Fachpresse. Andreas Remmelberger wartet jedenfalls noch auf den Abdruck seines Leserbriefs zur Bauernversammlung im bayrischen Weilheim, wo viele Bauern – nicht nur Ökos und Grüne – Ministerin Künast und ihrem Vorschlag der Agrarwende zugestimmt hatten, was die Bauernverbandspresse jedoch geflissentlich unterschlagen hat.
Dabei bewältigt die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft seit nunmehr zwei Jahrzehnten den Spagat in der Interessenvertretung von konventionellen und ökologischen Betrieben. Denn die Grenzen verlaufen anderswo. Kleine, regional eingebundene Betriebe – seien sie nun öko oder konventionell – haben es zunehmend schwerer. Denn aus Sicht der großen, zentralisierten Verarbeitungsbetriebe verursachen sie schlicht zu viel Aufwand. So staffeln Molkereien ihre Auszahlungspreise und begünstigen damit große Betriebe, bei denen sie gleich einen Tankwagen voll Milch abholen können. Ähnlich bei der Schweinemast. Dazu kommt der zunehmende Bürokratismus für die Landwirtschaft, der kleine Höfe zunehmend belastet.
Dazu manövriert der Bauernverband die Landwirtschaft durch seine Hetzkampagnen ins gesellschaftliche Aus, propagiert dabei aber weiterhin Wachstum und Weltmarkt. 150 Milchkühe im Stall seien ein Muss, so landwirtschaftliche Berater, viele Betriebe lägen demnach unter der Wachstumsschwelle. Doch wo bleiben die vielen Betriebe, die man dann nicht mehr braucht, weil auch der Milchkonsum Grenzen hat?
Und was den Weltmarkt betrifft, so muss noch eine Menge an Qualitäten über Bord geworfen werden, um billig genug produzieren zu können – wie Verzicht auf Hormongaben und Gentechnik, die bisher die Landwirtschaft in Europa ausgezeichnet haben. So gehen mit den vielen Betrieben, die weiterhin Jahr für Jahr ihre Tore schließen, wichtige Arbeitsplätze für eine natur-, umwelt- und sozialverträgliche Landwirtschaft verloren – laut Bauernverband nicht fit genug fürs Wachsen, vielleicht aber auch einfach nicht bereit, zu diesen Bedingungen zu produzieren.
Auch die Nische Ökolandbau, in der manch kleiner Betrieb überleben konnte, ist längst keine mehr, auch dort wächst man. Die ökologischen Anbauverbände gehen auch ganz bewusst in die Vermarktung an Großstrukturen wie Supermarktketten, um die zunehmende Masse bei staatlich geförderter Umstellung absetzen zu können.
Und damit beginnen wieder die gleichen Machtspielchen wie im konventionellen Bereich auch. So müssen sich Ökobäuerinnen, die ihre Eier selbst auf dem Wochenmarkt verkaufen, von enttäuschten Kunden sagen lassen, dass die Ökoeier im Supermarkt doch billiger und dadurch nicht schlechter seien.
Wiebe Erdmanski-Sasse ist Redakteurin der Unabhängigen Bauernstimme (www.bauernstimme.de), einer Monatszeitschrift von Bäuerinnen und Bauern für Bäuerinnen und Bauern
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