Köhler allein im Ortsamt

■ Seit vier Jahren hat der Hemelinger Ortsamtsleiter keinen Stellvertreter, jetzt geht seine letzte Mitarbeiterin

Sonntags diktiert er im Kinderzimmer, damit er seine Frau nicht stört. Die hätte „mir sowieso längst den Laufpass gegeben, wenn wir nicht schon 30 Jahre verheiratet wären“, sagt Hans-Günther Köhler. Eine 70-Stunden-Woche ist für den Ortsamtsleiter von Hemelingen fast die Regel, aber jetzt ist Schluss mit lustig. Köhler muckt auf. „Ich will nur Gleichbehandlung mit den anderen. Das wäre fair.“

Ab März geht seine Mitarbeiterin, die für Registratur und Post zuständig ist, in den Krankenstand. „Dann steh ich hier allein“, stöhnt Köhler. Zuletzt war das Ortsamt ohne Personal Thema in der Innendeputation – bei der nächsten Sitzung im Februar sollen Vorschläge zur Lösung der Misere vorliegen.

„Seit vier Jahren habe ich keinen Stellvertreter, ein weiterer Sachbearbeiter steht mir außerdem zu“, sagt Köhler. Hemelingen hat mit 45.000 die meisten Einwohner aller Bremer Stadtteile. „Wir haben die größte Wohnungsabteilung der Stadt“, sagt Köhler. In Hemelingen würden auch für Horn-Lehe oder die Gartenstadt Vahr Wohnberechtigungsscheine beantragt, aber meist, so Köhler, „klingeln die Telefone in den Tag hinein.“

Bei seiner Wahl vor fünf Jahren war Köhler, der gelernter KfZ-Handwerker ist, eigentlich nur zweite Wahl gewesen. Eher ein Verwaltertyp, kein Macher. Aber ein Verwalter, der sich kümmert.

Und es gibt viel zu tun in Hemelingen: Die umstrittene Funkschneisentrasse, der umkämpfte Bau der Trainingsbahn für Galopper, der Hemelinger Tunnel. Heute spricht Köhler mit den Leuten von der Bürgerinitiative gegen den Gewerbepark in der Arberger/Mahndorfer Marsch, morgen trifft er sich mit Finanzsenator Hartmut Perschau beim Rassegeflügelzuchtverein, tags drauf geht er zur Senioreneinrichtung der Bremer Heimstiftung. Und er muss sich um die Zukunft des Stadtteils sorgen: den geplanten Bahnhof in Mahndorf, den Bus-Shuttle nach Sebaldsbrück. Und dann war da noch die Sache mit dem ungenehmigten UMTS-Masten in Arbergen. Das ist Köhler peinlich. „Die Bürger sagen: Da hast du geschlafen.“ Seine Frau fragt längst: „Warum tust du dir das an?“ Köhler meint: „Es macht mir wirklich Spaß, aber irgendwann kommt der Punkt, da hast du keine Lust mehr.“ Kai Schöneberg