Pastrana lehnt Farc-Vorschlag ab

Kolumbiens Regierung stellt der Farc-Guerilla ein neues Ultimatum, sich aus der von ihr kontrollierten Zone zurückzuziehen und einen umfassenden Waffenstillstand zu vereinbaren. Ein Sonderbeauftragter der UN versucht zu vermitteln

von INGO MALCHER

Kolumbiens Friedensprozess steht weiter auf der Kippe: Ein Ultimatum ist abgelaufen, ein neues läuft derzeit. Bis heute Abend, 21.30 Uhr Ortszeit, sollen die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (Farc) öffentlich erklären, dass sie einem Waffenstillstand unter Einschluss aller Entführungen zustimmen und die ihnen zur Verfügung gestellte entmilitarisierte Zone im Süden des verlassen. Nur dann ist Präsident Pastrana bereit, die Friedensgespräche nicht sofort für gescheitert und den Friedensprozess für beendet zu erklären.

Ein ähnliches Ultimatum war am Samstagabend abgelaufen. Wenige Stunden zuvor hatte sich jedoch der UNO-Gesandte James Lemoyne aus dem Gebiet der Farc-Guerilla gemeldet und ein 14-Punkte-Papier der Guerilla angekündigt, das diese kurze Zeit später vorstellte. Darin akzeptieren sie die Kontrollen der ihnen überlassenen entmilitarisierten Zone, wie Flüge von Aufklärungsfluzeugen und Personenkontrollen. Und sie sind bereit über einen Waffenstillstand und das Ende von Entführungen zu verhandeln.

Es dauerte nur kurz, bis Präsident Pastrana in einer kurzen Fernsehansprache auf die Farc-Vorschläge antwortete und sie ablehnte: Sie seien „nicht zufriedenstellend“, sagte Pastrana, und wärmten nur „längst verhandelte Themen“ wieder auf. Er erwarte vielmehr eine klare Aussage der Farc, „dass sie die Garantien für neue Verhandlungen für gegeben halten und ihr Wort halten, konkrete Abkommen über ein Ende der Feindseligkeiten, einschließlich der Entführungen, der Angriffe auf die Zivilbevölkerung und der Zerstörungen der Infrastruktur zu erreichen.“

Die Forderung der Farc, die Kontrollen des Guerillalandes zu unterlassen, hatte vergangene Woche zum Abbruch der Friedensgespräche zwischen Regierung und Guerilla geführt. Präsident Pastrana hatte vergangene Woche den Dialog mit der Farc für beendet erklärt und der Guerilla 48 Stunden Zeit gegeben, die entmilitarisierte Zone zu verlassen.

Schon vor Monaten hatten sich die Farc dazu verpflichtet, über die Aufnahme von Waffenstillstandsverhandlungen zu sprechen. Das Ziel der Farc ist es, die ihnen vor drei Jahren überlassene entmilitarisierte Zone, mit einer Gesamtfläche in etwa so groß wie die Schweiz, zu behalten. Bislang haben sich die Farc wie Könige in der ihnen zugestandenen Zone aufgeführt, haben dort ihre Truppen trainiert und wenig Interesse an Friedensverhandlungen gezeigt. Ebenso hat die Regierung in den drei Jahren der Friedensgespräche das Militär aufgerüstet und die Verstrickungen zwischen Paramilitärs und Armee nicht bekämpft. So konnten die rechten Milizen ungestört in Aktion treten, oftmals vom Militär gedeckt. Die Staatsanwaltschaften sorgten indes für Straffreiheit.

Derweil haben die kolumbianische Regierung und die zweitstärkste Guerilla des Landes, das Nationale Befreiungsheer (ELN), vereinbart, am 30. und 31. Januar in der kubanischen Hauptstadt Havanna einen Friedensgipfel abzuhalten, bei dem über einen Waffenstillstand diskutiert werden soll. Begleitet werden soll der Gipfel von Vertretern der Garantenländer Kuba, Frankreich, Norwegen, der Schweiz und Spanien. Im Departement Antioquia entführten mutmaßliche ELN-Mitglieder am Donnerstagmorgen acht Personen.