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In Sierra Leone ist der Krieg zu Ende

So gut wie alle Kämpfer der RUF-Rebellen und regierungstreuer Milizen haben der UNO ihre Waffen übergeben. Jetzt ist der Frieden offiziell. Doch mit schlecht vorbereiteten Wahlen könnte die Regierung alles wieder verderben

BERLIN taz ■ Der Krieg in Sierra Leone ist vorbei. Das sagen jedenfalls die Regierung des westafrikanischen Landes und die dort stationierte UN-Mission. Seit dem Beginn des aus Liberia unterstützten Aufstandes der Rebellenbewegung RUF (Revolutionäre Vereinigte Front) 1991 ist Sierra Leone gründlich verwüstet worden. Mehrere zehntausend der vier Millionen Einwohner wurden getötet, die Hälfte wurde vertrieben. 95 Prozent aller hochgebildeten Sierra-Leoner verließen das Land. Mehrere Male stand Sierra Leone am Rande des Zerfalls in Territorien marodierender Banden. Heute beherbergt das Land die größte UN-Blauhelmmission der Welt – über 17.000 Soldaten, deren Entwaffnungsprogramm für bewaffnete Gruppen gut funktioniert hat.

Insgesamt war die Zahl von Kämpfern irregulärer Milizen in Sierra Leone auf 45.000 geschätzt worden. 43.437 haben nach Angaben der UN-Mission Unamsil zwischen dem Beginn des Entwaffnungsprogramms DDR (Demobilisierung, Entwaffnung und Reintegration) am 18. Mai 2001 und dem 4. Januar 2002 ihre Waffen an UN-Sammelstellen abgegeben. Einige tausend mehr folgten danach noch in der letzten Rebellenhochburg Kailahun.

In Kailahun, wo der Krieg 1991 begonnen hatte, übergaben Ende letzter Woche die lokalen RUF-Kommandanten „Sandy“ und „Satellite“ persönlich ihre Gewehre dem kenianischen Unamsil-Oberkommandierenden, General Daniel Opande. Die UNO präsentierte der Presse ein gigantisches Lager abgegebener RUF-Waffen, von Munitionskisten über Landminen bis zu Stinger-Raketen. „Jetzt ist der Krieg in Sierra Leone vorbei“, erklärte General Opande. Am 17. Januar soll der Frieden mit einem Staatsakt offiziell ausgerufen werden.

Die Entwaffnungsaktion war 1999 angelaufen, aber im Mai 2000 unterbrochen worden, als die RUF mehrere hundert UN-Blauhelme gefangen genommen hatte. Dieser Vorfall provozierte eine Militärintervention britischer Elitetruppen. Im Mai 2001 ging das DDR-Programm wieder los. 17.407 der jetzt entwaffneten Kämpfer sind RUF-Rebellen, 25.832 gehören zur Stammesmiliz des Präsidenten „Kamajor“, die die Regierung „Civil Defence Force“ nennt. Dass beide Seiten parallel abrüsteten, war die wesentliche Vertrauensbasis für den Entwaffnungsprozess.

Die RUF ließ mehrere Chancen, den Bürgerkrieg neu anzufachen, ungenutzt. Ein Grund für den Friedenswillen der RUF war, dass wichtige RUF-Kommandeure bereits Ende 2000 entschieden hatten, ihre Aktivitäten von Sierra Leone nach Guinea zu verlagern. Außerdem steht die Regierung Liberias, Hauptverbündeter der RUF, neuerdings unter zunehmendem Druck eigener Rebellen, denen Verbindungen zu Sierra Leones Kamajor-Miliz nachgesagt werden.

Der Frieden in Sierra Leone ist also auf Kosten von Krieg in den Nachbarländern Guinea und Liberia erkauft. Das belastet den Friedensprozess, der jetzt nach Ansicht aller Beobachter in eine kritische Phase eintritt. An die Stelle der Waffenabgabe tritt nun die Wahlvorbereitung. Sierra Leones Regierung will am 14. Mai wählen lassen – die letzten Wahlen gab es 1996.

Wahlen sind schwierig in einem Land, wo noch immer ein Drittel bis zur Hälfte der Bevölkerung aus ihrer Heimat vertrieben ist, wo mehrere tausend Ortschaften zerstört und unbewohnbar sind und wo ein andauernder Ausnahmezustand politische Aktivitäten verbietet. Es gibt nicht einmal ein Wahlregister. Die Wählerregistrierung soll ab 24. Januar in zwei Wochen nachgeholt werden. Nur Bürger, die sich dabei auf die neuen Listen einschreiben und dabei einen neuen Personalausweis bekommen, werden im Mai wahlberechtigt sein. Außerhalb der Hauptstadt Freetown dürfte diese „Registrierung“ kaum greifen.

Was die Bürger der Hauptstadt denken, ermittelte im November die Nichtregierungsorganisation Campaign for Good Governance. Ihrer Umfrage zufolge sind zwar 80 Prozent der Befragten für Präsident Kabbah, aber nur 24 Prozent unterstützen seine Partei SLPP (Sierra-leonische Volkspartei). 61 Prozent unterstützen überhaupt keine Partei. 57 Prozent wollen eine Verschiebung der Wahl, und 78 Prozent der Befragten sind dafür, Sierra Leone bis zu den Wahlen unter internationale Verwaltung zu stellen. Die Briten sind als Kandidat dafür der klare Favorit – mit 60 Prozent, weit vor der UNO, die sich 18 Prozent als Übergangsmacht wünschen. DOMINIC JOHNSON

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