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Glaubwürdigkeit verspielt

Betr.: „Revolution probieren“, taz bremen vom 10.1.02

Die Haltung des Bauern Brader und der Gemeinde Stadland macht mich aus mehreren Gründen wütend. Das AKW selbst soll zwar nicht abgeschaltet werden, aber ein Zwischenlager einige Kilometer vor dem eigenen Bauernhof ist dann doch zu viel. Für mich ist das ein klassischer Fall der „Überall-nur-nicht-in-meinem-Vorgarten“-Haltung. Wie Herr Brader selbst beschreibt, war er lange selber Befürworter der „billigen, sauberen und beherrschbaren“ Atomkraft.

Jetzt kommt endlich eine Regierung, die die Atommülltransporte quer durch Europa beendet, die eine Perspektive für das Ende der Atomkraft setzt und die vor allem den Förderzweck für die Atomkraft aus dem Gesetz streicht, und nun ist auf einmal keiner bereit, die Folgen dieser Politik zu übernehmen. Es führt nun einmal kein Weg daran vorbei, Atommüll zwischenzulagern, wenn man die Atommülltransporte beenden will und gleichzeitig noch kein geeignetes Endlager gefunden hat.

Ich bin 22 Jahre alt und immer gegen die Atomkraft eingetreten. Trotzdem kann ich mich nicht der Notwendigkeit verschließen, mit den Lasten, die uns die letzte Generation überlassen hat, umzugehen.

Das einzige Argument, das man gelten lassen kann, ist die Frage der Geschwindigkeit des Atomausstiegs. Da kann ich nur fragen: Wo waren all die Herr Braders, die Gemeinden, die Alt-Anti-AKWler 1999/2000, als Jürgen Trittin gegen enormen öffentlichen Gegenwind versuchte, einen schnelleren Fahrplan für den Atomausstieg durchzusetzen. Trittin ist damals von den Umweltverbänden für seine Vorschläge geprügelt worden, da sie ihnen nicht schnell genug waren – eine der größten historischen Fehlleistungen der Umweltverbände in Deutschland. Wer erst seine Hände in den Schoß legt und jetzt große Reden schwingt, hat in meinen Augen seine Glaubwürdigkeit schon lange verspielt.

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