vorlauf - bühne: Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Die ästhetischen Frontlinien verlaufen erfahrungsgemäß auch im Theater haarscharf an den Geschmacksnerven entlang. Das beweist der ehemalige Sterne-Koch und Erlebnisgastronom Hans-Peter Wodarz mit seinem Restauranttheater „Pomp, Duck & Circumstance“ (täglich außer Montag; Infos unter ☎ 08 00-5 33 05 33) schon seit fast zehn Jahren. Während einer dreieinhalbstündigen Varieté-Show wird dem gut zahlenden Gast in einem Zirkus-Zelt an der Möckernstraße ein viergängiges Menü serviert. Der Gast kann dann also nicht bloß am „Fish Dish POMpös“, sondern auch an den Späßchen von Steuerfahnder „Siegmund von Treiber“, der Klofrau „Vrouw Pipi“ oder einem russischen Zauberer mit dem sinnfälligen Namen „Nathan der Weise“ bei Livemusik seine Geschmacksnerven trainieren.So gesehen bläst also die Volksbühne zum Clash der Geschmäcker, wenn sie ab Freitag jeweils um 20 Uhr in den Prater in der Kastanienallee 7–9 zum „Passionsspiel“ bittet. „Noch perverser als Duck & Circumstances“ wird versprochen. Folge eins also reicht den maximal 48 Zuschauern auf Bert Neumanns Wohnbühne „Sushi zu de Sade“ (Freitag, 18. Januar). Folge zwei zelebriert „Ficken und Fondue“ (Samstag, 19. Januar) und in Folge drei wird mit der Kombination „Disco und Döner“ (Sonntag, 20. Januar) experimentiert.Wer danach Sehnsucht nach Zeiten hat, als Theater noch nicht so anstrengend war, dem seien die bequemen Sessel des Deutschen Theaters empfohlen, wo man am Dienstag, 22. Januar, in diskreter Abgeschiedenheit noch einmal Thomas Langhoffs schöne Inszenierung von Anton Tschechows „Die Möwe“ sehen kann (dann erst wieder im April). Auch hier fordert die Frage nach der Notwendigkeit von Theater Opfer. Allerdings nur auf dem Theater.
Anregungen: vorlauf@taz.deFreitag kommt Konzert
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