: Verspannungen zwischen Rot und Rot
Weil Bärbel Grygier für die PDS in den Bundestag geht, sucht Friedrichshain-Kreuzberg schon wieder eine Bürgermeisterin. Die PDS will ihre Gesundheitsstadträtin Cornelia Reinauer nominieren. Doch die SPD zieht nicht mit
Wer folgt auf Bärbel Grygier? Diese Frage sorgt in Friedrichshain-Kreuzberg zurzeit für erhebliche Unruhe. Grygier, die erst Ende November wieder zur Bezirksbürgermeisterin gewählt worden war, wechselt in wenigen Wochen in den Bundestag. Dort rückt sie als Abgeordnete für den neuen PDS-Wirtschaftssenator Gregor Gysi nach.
Als Nachfolgerin für das Bürgermeisteramt schlägt die PDS, die stärkste Fraktion in der Bezirksverordnetenversamllung ist und bislang mit SPD und Grünen eine Zählgemeinschaft bildete, die bisherige Gesundheitsstadträtin Cornelia Reinauer (PDS) vor. Die langjährige Mitarbeiterin der Kreuzberger Stadtbibliothek war von 1995 bis 2000 Gesundheitsstadträtin in Marzahn. Nach der Fusion von Friedrichshain und Kreuzberg übernahm sie hier das Jugendressort und sorgte dort mit der Ankündigung, den Freien Jugendprojekten den Geldhahn zuzudrehen, für unrühmliche Schlagzeilen.
Am 26. Januar soll Reinauer von der PDS-Hauptversammlung offziell zur Kandidatin für das Bürgermeisteramt gekürt werden. Die Bezirksverordnetenversammlung wird Mitte Feburar zur Wahl schreiten, vorausgesetzt alles läuft nach Plan. Denn noch hat die SPD nicht signalisiert, dass sie für Reinauer stimmen werde. Der SPD-Fraktionschef Helmut Borchardt spricht von „erheblichen Verspannungen“ zur PDS. „Solange die Probleme nicht abgeklärt sind, halten wir uns die Option für einen eigenen Bürgermeisterkandidaten offen.“ Am kommenden Donnerstag wollen die Kreis- und Fraktionschefs der drei Parteien beraten, wie es weitergeht.
Die SPD sei über das „autoritäre Verhalten“ von Bärbel Grygier verärgert, sagte Borchardt. Nach der letzten Stadtratswahl habe Grygier absprachewidrig versucht, das Finanzressort der CDU zuzuschanzen. Eigentlich hatte die Zählgemeinschaft vereinbart, dass Reinauer die Finanzen mit übernehmen solle. Doch die hat sich laut Borchardt hartnäckig geweigert. Keine gute Voraussetzung für eine Frau, die Bürgermeisterin werden will.
Schließlich war Lorenz Postler (SPD) eingesprungen, der neben den Bereichen Wirtschaft Arbeit und Bürgerdienste nun auch noch Finanzstadtrat ist. Postler ist auch der Joker, den die SPD gegebenfalls als eigenen Bürgermeisterkandidaten aus der Tasche ziehen will. Dass es dazu kommt, ist aber eher unwahrscheinlich, weil die Sozialdemokraten dann ein Zählgemeinschaft mit der CDU eingehen müssten.
„Wir haben keine Lust auf Spielchen“, sagt die Kreisvorsitzende der Grünen, Monika Herrmann, die der Ankündigung der SPD misstraut. Herrmann kann sich vorstellen, dass die Grünen Reinauer, wenn auch mit großen Bauchschmerzen, wählen werden. „Sie ist ganz bestimmt nicht unsere Wunschkandidatin.“ Die Grünen hätten keine Lust, die Diskussion über die Bildung von Zählgemeinschaften neu aufzumachen. „Wir sind zufrieden mit dem Ressortzuschnitt.“ Die Grünen stellen mit Franz Schulz den Stadtrat für Bauen, Wohnen und Stadtentwicklung und haben dazu noch den Bezirksverordnetenvorsteher-Posten besetzt. Zeitungsberichte, wonach Franz Schulz, der früher Bürgermeister von Kreuzberg war, als Nachfolger von Grygier im Gespräch ist, dementierte Herrmann: Schulz und den Grünen sei in dieser Frage weder von der PDS noch der SPD ein Angebot gemacht worden. PLUTONIA PLARRE
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