: Aus eigener Kraft entwickeln
Carine Munting von der südafrikanischen Organisation Fair Trade und GTZ-Berater Johannes Baumgart über ökologischen Tourismus in Südafrikas Nationalparks
taz: Sie entwickeln gemeindeorientierte Tourismusprojekte in südafrikanischen Nationalparks. Was sehen Sie als die größten Schwierigkeiten Ihrer Arbeit?
Johannes Baumgart: Bislang fehlt es an ökonomischem und ökologischem Sachverstand. Den schulen wir, damit die Communities das Land, das ihnen zur Verfügung steht, in 10 bis 15 Jahren selbst managen können. Wir können mit den Communities gut arbeiten bis zu dem Punkt, an dem es um Geld geht. Es gibt immer wieder lange Diskussionen in den Gemeinden über benefit-sharing, nämlich darüber, wie Gewinn verteilt und vor allem in die Ökologie reinvestiert wird. Wir wollen die Naturressourcen langfristig schützen. Dafür müssen wir die Verteilungsprozesse steuern.
Was hat sich in den Communities durch Ihre Arbeit verändert?
Johannes Baumgart: Das Bewusstsein, dass die Bewohner vor Ort aus ihren eigenen Kräften heraus etwas entwickeln können und müssen.
Und die südafrikanische Organisation Fair Trade übernimmt die Vermarktung?
Carine Munting: Wir vergeben unser Logo an solche touristischen Anbieter, die unseren Prinzipien entsprechen, und unterstützen kleine Anbieter, die sonst kaum eine Chance, geschweige denn Geld für die Vermarktung hätten. Es gibt bereits Kooperationen mit südafrikanischen, Schweizer und deutschen Veranstaltern. Immer mehr Reiseanbieter merken, dass es eine Nachfrage nach ökologischem Tourismus gibt. Man kann über Fair Trade und über Ökotourismus viel reden, aber es geht letztlich darum, Profite zu machen. Das ist nichts Schmutziges.
Ist Tourismus der Naturschützer per se?
Johannes Baumgart: Dass Tourismus Schutzaufgaben finanziert, ist Unsinn. Es gibt fünf Nationalparks auf der Welt, die ihr Geld einspielen, und davon sind zwei in Südafrika; in Deutschland ist keiner. Wenn die Nationalparks alles selbst erwirtschaften sollen, dann gibt es in fünf Jahren keinen Nationalpark mehr. Das funktioniert nur bei hoch produktiven Ökosystemen. In diesem Fall kann man beispielsweise hochwertige Büffelhaut teuer verkaufen. Wenn die Nationalparks sich selbst tragen können, sind, dann läuft das nur über den Wildtierverkauf.
Sollte der Naturschutz privatisiert werden?
Johannes Baumgart: Das wollen und können private Unternehmen nicht einlösen. Das müssen staatliche Stellen übernehmen, die darauf achten, dass der Naturschutzbeitrag der Unternehmen zurückfließt.
Wie kann dieser Rückfluss garantiert werden?
Carine Munting: Wir streben ein Label für touristische Produkte an, in dem dies als Bedingung formuliert ist.
INTERVIEW: CHRISTEL BURGHOFFEDITH KRESTA
CARINE MUNTING ist Marketing Advisor von Fair Trade in Tourism in Pretoria, Südafrika.JOHANNES BAUMGART arbeitet als Berater der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) in Hatfield, Südafrika.
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