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„Alles nur Show“

■ Der Rechtsanwalt und Jugendhilfe-Experte Christian Bernzen im Interview: Geschlossene Heime werden leer bleiben Von Kaija Kutter

taz: Herr Professor Bernzen, der Landesjugendhilfeausschuss (LJHA) hat kürzlich einen Beschluss gegen geschlossene Heime gefällt. Nun ,prüft' die Sozialbehörde, ob er das überhaupt darf. Wie sehen Sie das als Jugendhilferechtler?

Christian Bernzen: Der Landesjugendhilfeausschuss wird zu diesem Thema nicht nur etwas sagen dürfen, sondern auch müssen, weil es sich hier um eine Angelegenheit von „grundsätzlicher Bedeutung“ handelt und eben dafür ist der Ausschuss zuständig. Er wird nicht entscheiden können „ob“ es geschlossene Unterbringung gibt. Das ist Sache der Deputation. Aber er wird über das „wie“ mitzureden haben. Diese Materie wird nicht nur auf ministerieller Ebene entschieden. Sie hat auch einen operativen Teil. Die Senatorin braucht sogar einen LJHA-Beschluß, um dies umzusetzen.

Aber verhindern kann der Jugendhilfeausschuss geschlossene Heime nicht?

Es wird die Frage sein, ob so eine Einrichtung, wenn es sie erstmal gibt, überhaupt mit Jugendlichen gefüllt wird. Ich glaube, das wird eine Veranstaltung, in der Sozialarbeiter Kaffee trinken. Das ist alles nur ,just for Show'. In Nordrhein-Westfalen, wo es die zehnfache Einwohnerzahl gibt, werden gerade mal fünf bis sechs Plätze vorgehalten. Denn sie brauchen für jeden einzelnen Jugendlichen, sogar für jeden einzelnen Tag, einen Beschluss des Vormundschaftsgerichts. Der Staat darf Kinder nicht einfach einsperren. Auch Eltern dürfen ihre Kinder nicht einfach einsperren. Das ist im Paragraf 1631 b des Bürgerlichen Gesetzbuches nachzulesen.

Eine geschlossene Unterbringung ist nur gerechtfertigt, wenn sonst das ,Wohl des Kindes' gefährdet ist. Es reicht nicht, dass das Kind andere gefährdet, es muss sich selbst gefährden. Und wenn es geschlossen untergebracht wird, muss immer wieder neu geprüft werden, ob dies noch nötig ist.

Die zuletzt immer wieder zitierten jugendlichen Intensivdealer kämen für geschlossene Heime also gar nicht in Frage?

Wenn ein Jugendlicher nicht sich, sondern andere gefährdet, ist das Sache der Justiz. Dafür gibt es das Jugendstrafrecht und das gilt erst ab 14 Jahren. Vorher werden Jugendliche in unserem Land nicht bestraft.

Geschlossene Unterbringung wäre also nur etwas für die Crash-Kids, die sich ins Auto setzen und sich selbst gefährden?

Zum Beispiel. Aber auch hier ist die Frage, ob nicht die Einrichtung einer Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie viel vernünftiger wäre. Dort sollte man etwa zehn Plätze schaffen. Dies ist auch in der Enquete-Kommission Jugendkriminalität in der Hamburger Bürgerschaft so diskutiert worden.

Müsste ein gelernter Amtsrichter wie Innensenator Ronald Schill, der mit der Ankündigung geschlossener Heime in den Wahlkampf zog, vom Paragarf 1631 b nicht wissen?

Selbstverständlich, so etwas müsste ein Richter wissen.

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