Mach‘s noch mal

Glamrocker Bobby Conn spielt mit der Vergangenheit und glaubt doch nicht so recht an die Tröstungen der Nostalgie

Man könnte vielleicht sagen: ein Spaßmacher. Einer, der sich auf der Bühne Schokolade ins Gesicht schmiert. Der die Leute bei Laune hält. Ein Entertainer. Ein exaltierter Crooner, der auf der Bühne seine multiple Persönlichkeit spazieren führt.

Dabei klingen die Lieder von diesem Bobby Conn im ersten Moment durchaus gemütlich. Sie machen es mit bohrender Hinterhältigkeit. Spaßgesellschaft? Ja, aber. Bobby Conn ist so ein 21st Century Schizoid Man. Wahrscheinlich mal mit Ziggy Stardust vom Mond gefallen, um dann in amerikanischen Suburbs mit Punkrock genährt zu werden. Das war die Rettung der Jugend. Wer Black Flag hörte, konnte den eben noch gültigen Pomprock vom Schlage Journey und Styx bestenfalls mit milder Verachtung begegnen.

Heute lebt Bobby Conn in Chicago. Ist 34 Jahre alt. Und hat gerade mit „The Golden Age“ eine Platte vorgelegt, die einen mit einer mächtigen Protzrockfanfare vorneweg gleich umwirft. Und hinterher will man getrost sein ganzes Siebziger-Jahre-Plattenregal mit dem Glamrock-Personal und die ersten Prince-Scheiben gleich noch dazu gegen dieses Opus eintauschen. Eine geschichtsgesättigte Musik. Alle Winkelzüge der Helden von einst sind fein nachgearbeitet. Und dabei klingt es nicht einmal nostalgisch, was Bobby Conn da mit Hilfe solcher freimütig zwischen Improvisation und Pop pendelnder Kollegen wie Fred Lonberg-Holm unter der technischen Leitung von Jim O’Rourke und John McEntire eingespielt hat.

Die Künstlichkeit der ganzen Unternehmung ist herausgestellt. Prächtig poliert. Natürlich ein Kunstkniff. Oder eben gleich: Kunst. Die ja schon immer die Hintertür war, um sich mit einer Metasprache wieder den Dingen anzunähern, für die einem einfach keine aus dem Bauch gekotzten Slogans mehr einfallen wollen.

So ist Bobby Conn eben beim einst geschmähten Pomp gelandet, um die Sache gleich richtig zu übertreiben. Das Pathos hat er ihm unter den Füßen weggezogen, dafür ist die Musik feinnerviger. Angespitzter. Voller funky Glamour. Freigiebig wuchert Conn für jeden seiner Songs mit Melodie-Ideen und weiß das noch mit geschickter Hand zu ordnen. Dass nichts überquillt bei dem überkandidelten Pop. Der mächtig unterhaltsam ist. Der einem auf verquere Weise nahe geht. Wie Bobby Conn da von der verzweifelten Wahrheit der Postmoderne singt. Paranoia mit Swing-Auslauf. Parodien auch. Im Ernst. Mit Spaß.

THOMAS MAUCH

Bobby Conn heute im Roten Salon/Volksbühne 22.30 Uhr