Nüchternes Rumschnippeln

Die Krimi-erprobte Barbara Rudnik bekommt ihren eigenen „Polizeiruf“. Der Auftakt verläuft recht holprig. Und wenn sie es ihren Vorgängerinnen gleichtut, wird sie eh nicht lange im Dienst bleiben

von CHRISTIAN BUSS

Der Tod steht ihr gut. Deshalb hat Barbara Rudnik häufiger mal Pathologinnen gespielt, im „Tatort“ zum Beispiel. Da sah man sie nüchtern an toten Körpern rumschnippeln, während sie auf die eine oder andere Weise emotional in die Kriminalfälle verstrickt wurde.

Das unterschied ihre Figuren von den anderen Leichenbeschauern aus dem Fernsehen, die sich nach Abspulen der Obduktionsdaten meist gelangweilt ihrer Brotzeit zuwenden. Barbara Rudnik trat in diesen Rollen abgeklärt und doch empfindsam auf – so, wie man sich bei den Öffentlich-Rechtlichen eine Kommissarin vorstellt. Bis zum Einsatz als Serienermittlerin war es also nur eine Frage der Zeit.

Doch beglückwünschen mag man sie nun zu ihrem Dienstantritt im hessischen „Polizeiruf 110“ nicht. Die erste Folge mit Rudnik ächzt mühsam vor sich hin; es gibt zu viele holprige Konstruktionen und halbgare Charaktere. Startschwierigkeiten könnte man das nennen. Der Blick auf die Entwicklung indes, die der einstige DDR-Dauerbrenner seit seiner Reanimierung durch die unterschiedlichen ARD-Anstalten 1993 genommen hat, bremst Optimisten aus.

Zwar gab es eine Reihe grandioser Aktricen, die interessante Ermittlerinnenpersönlichkeiten installierten, doch gehalten hat sich fast keine. Zwischen hohen Ambitionen und niedrigen Etats wurde manch vielversprechende Kommissarin aufgerieben.

Für Angelika Domröse etwa, die ihre kühne Kriminalistin unglaublich nuancenreich spielte, war schon nach drei Folgen Schluss. Der SDR-„Polizeiruf“ mit ihr fiel 1998 der Fusion des Stuttgarter Senders mit dem SWF zum Opfer – der so entstandene SWR wollte fortan nur noch Geld für die quotensicheren „Tatort“-Eminenzen Bienzle und Odenthal locker machen.

Auch Katrin Saß, die mit „Heidi M.“ gerade für den Grimme-Preis nominiert worden ist, erging es nicht besser. Ab 1993 spielte sie souverän die verzagte Polizistin im Brandenburg der Nachwendezeit. Wie aber sollte sie sich mit einem einzigen Einsatz pro Jahr gegen die Kriminalistenschwemme im TV behaupten? Nach vier Einsätzen war Schluss.

Jutta Hoffmann, die Nachfolgerin von Saß beim ORB-„Polizeiruf“, ist mit ihren seltenen Auftritten auch nicht eben geerdet in der hiesigen Krimilandschaft. Die wundersam leise Tragödin wird noch eine Folge abdrehen. Danach, so heißt es beim ORB, sieht man weiter. Es würde niemanden wundern, wenn der angestrebte Zusammenschluss der Anstalt mit dem SFB einen weiteren Abgang zur Folge hätte.

Angesichts der unübersichtlichen Gemengelage, in der „Polizeiruf“-Produktionen entstehen, erscheint es unwahrscheinlich, dass Barbara Rudnik in Offenbach eine solide Ermittlerinnenlaufbahn bevorsteht – zumal auch sie nur einmal im Jahr als Kommissarin in Erscheinung tritt. Es wird seine Gründe haben, dass ihr Vorgänger Oliver Stokowski den prestigeträchtigen Job aufgegeben hat, um sich beim ZDF auf seine Rolle als „Der Ermittler“ zu konzentrieren.

Der Abgang Stokowskis ist übrigens denkbar lieblos in Szene gesetzt: Der von ihm gespielte Kripobeamte wird am Anfang aus dem Bild gemordet, seine Nachfolgerin hat damit einen besonders prekären Fall am Hals. Sie muss im Privatleben des Toten herumschnüffeln und bringt so die Kollegen gegen sich auf, die das Andenken ihres Chefs in Ehren halten wollen.

Gegen das eingespielte Team Dennenesch Zoudé und Dieter Montag, die ihre Jobs als Hilfssheriffs behalten haben, wirkt Rudnik farblos. Dass ihre Figur mit einem Bruder bedacht wird, der suizidgefährdet in der Psychiatrie sitzt, soll wohl Tiefe suggerieren. Ein fruchtloser Versuch, denn die Dialoge speisen sich aus Klappsen-Klischees. Auch sonst darf die Neue keinen Satz sagen, der über die schalen Standards einer Serienkommissarin hinausgeht. Barbara Rudnik hätte was Besseres verdient.

„Polizeiruf 110 – Grauzone“, Sonntag, 20.15 Uhr, ARD