Schill will die Schickeria schonen

■ Innensenator räumt Behördenvermerk ein. GAL will Akteneinsicht, CDU und FDP Ruhe

Festlegen wollte sich der Innensenator nicht: „Meines Erachtens“, so Ronald Schill vage, „habe ich das so nicht formuliert.“ Der Aktenvermerk aus der Innenbehörde, den der Spiegel in seiner gestrigen Ausgabe veröffentlicht hatte (taz berichtete), decke sich jedoch inhaltlich mit seiner Meinung. Nach dem Vermerk hatte Amtschef Schill betont, die Verfolgung von Drogendelikten in Schickeriakreisen habe für ihn keine Priorität. „Diese Bemerkung ist inhaltlich nicht abwegig, da wir zusätzliche Anstrengungen vor allem bei der Bekämpfung der offenen Drogenszene unternehmen wollen.“ Schließlich wolle man sich „nicht verzetteln“.

Nicht dementieren konnte der unter Beschuss geratene Schill auch den Vorwurf, dass der Bodyguard Horst J., der für ihn den Schutz seiner Person im Wahlkampf organisiert hat, wegen Körperverletzung und anderer Delikte vorbestraft ist. „Ich habe bis vor wenigen Tagen nicht von solchen Vorstrafen gewusst“, betonte der Parteichef. Er habe von J. kein polizeiliches Führungszeugnis verlangt“. Schills Rechtfertigung: „Wenn ich jemand, der meine Sache aus ideellen Motiven unterstützt, mit solchem Mißtrauen begegnen würde, hätte ich bald keine Freunde mehr.“ Zu möglichen Kontakten zum wegen Kokainbesitz vorbestraften Partykönig Michael Ammer wollte er keine Stellung nehmen. Auch die Vorwürfe, Staatsrat Walter Wellinghausen habe in seiner Zeit als Rechtsanwalt auch Leute aus dem Milieu der organisierten Kriminalität verteidigt, blieben unkommentiert.

Für die GAL bleibt vor allem der Aktenvermerk „ein skandalöser Vorgang“, wie Fraktionschefin Krista Sager betonte: „Die verelendenden Süchtigen zu jagen und die Drogenschickeria zu schonen“ sei unglaublich. Die GAL verlangt, dass die entsprechende Akte im Innenausschuss vorgelegt werde. Auch sie schloss nicht aus, einen Untersuchungsausschuss zum Thema Schill einzuberufen.

Für die CDU ist das alles offenbar Schnee von gestern. „So lange da nicht noch mehr Klopfer ans Tageslicht kommen, wird das alles verpuffen“, ist Fraktionssprecher Hein von Schassen überzeugt. Mit einem Untersuchungsausschuss rechnet er nicht. Auch die FDP steht in Treue fest zu Schill. Fraktionschef Burkhardt Müller-Sönksen dreht den Spieß um und forderte „die Opposition auf, endlich auch auf Sachfragen einzugehen und uns nicht ständig zu nötigen, uns in eine Verteidigungshaltung zur Schill-Partei zu drängen“. Peter Ahrens/Marco Carini