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Wo Angela zu Britney wird

■ Bremen kann sich auf Libretto fatale verlassen: Beim 18. Programm „Spaß, Spaß, Spaß“ wird die Event-Manie der Spaßgesellschaft durch den Kakao gezogen

Außer der Eiswette und der Breminale gibt es hierzulande noch eine Institution, auf die sich die Bremer jedes Jahr wieder verlassen können: die Kabarettgruppe „Libretto fatale“, die jedes Jahr ein neues Programm entwickelt und spielt – jetzt zum 18. Mal. Zusammen mit ihrem treuen Publikum (etwa 5000 ZuschauerInnen kommen pro Saison) sind sie inzwischen nicht mehr die Jüngsten, und weil sie smart sind, machen sie genau dies zum Thema.

Sie waren ja doch alle satt und gut situiert, die 40- bis 50-jährigen am Samstag abend vor und auf der Bühne des Scenario, und ihr Rentnerdasein im Jahr 2030 stellen die Kabarettisten sich in einem Alters-Wohngemeinschafts-Heim in Spanien, Italien oder Südfrankreich vor, wo sie mit dem allerletzten Brennstab den endgültigen Sieg der Atomkraftbewegung feiern, ihre „kreativen“ Hobbys wie Malen, Romaneschreiben oder den eigenen Weinberg pflegen. Beklagen tun sie sich darüber, dass sie nicht solche Charakterfalten wie die „alten Kubaner“ hätten, die so schön in Armut lebten, alle ein Instrument könnten und von Wim Wenders gefilmt würden. Dazu singen die auf tatterig geschminkten Darsteller dann den passenden Hit aus „Buena Vista Social Club“ mit eigenem Text. Sehr komisch die ganze Szene, gerade weil sie auf die eigenen Schwächen zielt.

Ansonsten nehmen sie diesmal die Eventkultur und Spaßgesellschaft aufs Korn. Dabei führen sie herrschende Tedenzen schön konsequent ins Absurde, etwa mit einer „Eventgebühr“ bei den Behörden, bei der dann plötzlich das Teletubbieland mit einem bremischen Verwaltungsbüro gekreuzt wird. Ein dringender nächtlicher Notruf bei der Polizei könnte da bald auf der Ewigwarteschleife der Hotline eines Callcenters landen. Die Roland-Bergerisierung der gesamten Stadt wird da radikal zu Ende gedacht und satirisch auf den Punkt gebracht. Manchmal vergeht einem da schon das Lachen, denn man weiß ja, dass die gnadenlose Spaßgesellschaft tatsächlich droht.

Ein wenig merkt man es dem Program an, dass es schon seit dem Frühsommer gespielt wird. Bis auf ein paar neueingefügte Spitzen (“Spaßhaben ist ja auch Antiterror“) wird der 11. September ausgespart, und ein paar Szenen sind schon nicht mehr aktuell. Die Gründung der Großgewerkschaft „Verdi“ ist heute Schnee von ges-tern, aber alle sieben Gruppenmitglieder hatten wohl für den passenden Chorgesang von Verdi so tüchtig geübt, dass sie ihn nicht streichen mochten. Ähnlich ist es mit „Jekyll & Hyde“, die als „Jokel & Hein“ einer Zweitverwertung im Niederdeutschen Theater zugeführt werden. Ein schöner Sketch, aber inzwischen wäre längst die Parodie auf „Hair“fällig.

Aber die meisten Spitzen sind noch nicht stumpf geworden. Bei der Wahl des Verlierers des Jahres (der mit dem „goldenen Wombat“ ausgezeichnet wird) brauchte nichts verändert zu werden, und hier gab es dann auch die lautesten Lacher, denn am meisten Spaß haben Ensemble und Publikum offensichtlich dann, wenn bekannte Liedchen in bissige Kommentare umgedichtet und prominenten Persönlichkeiten in den Mund gelegt werden. Dieser alte Trick funktioniert immernoch bestens – diesmal sang Angela Merkel als CDU-Girlie „Oops, I did it again“, Scharping verwandelte den Lee Marvin-Brummer „I was born under a wandering star“ in „Auch aus mir wird mal ein großer Star“, und der Arbeitsminister sang den Bluesklassiker „Little Red Rooster“ als den Rentenblues „Little Red Riester“.

Solides altes Kabarett wird da geboten, die sieben Mitspieler sind immer noch Amateure (nur Stefan Pulß ist als Radiomoderator ein Semiprofi, alle anderen sind in der Bremer Justiz tätig), denen man längst keinen Laien-Bonus mehr gewähren muss. Als Juristenkabarett möchten sie nicht so gerne bezeichnet werden, aber als die Richterin Ellen Best mit roter Perücke tanzte, kam dem Rezensenten in den Sinn, dass sie im nächsten Programm doch wunderbar die Fernseh-Richterin Barbara Salesch parodieren könnte. Da wäre doch schon soviel Selbstironie drin, die Szene müsste sich fast von selber schreiben.

Wilfried Hippen

Am kommenden Samstag und Sonntag jeweils um 20 Uhr im Theater am Leibnizplatz

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