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God Save The Queen

Denn sonst tut es keiner: Vor 50 Jahren wurde Elizabeth II. Königin des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Nordirland. Der Enthusiasmus der Untertanen für Feiern hält sich in Grenzen

aus Dublin RALF SOTSCHECK

Heute begeht Königin Elisabeth II. von Großbritannien und Nordirland ihr 50-jähriges Thronjubiläum. Das Fest ist wie üblich auf Juni verschoben, weil die Queen den 6. Februar als Todestag ihres Vaters George VI. als privaten Trauertag begeht und das englische Wetter im Juni möglicherweise freundlicher ist. Bis dahin wird sich zeigen müssen, wie groß das Interesse der Untertanen ist. Vor 25 Jahren, zum Silberjubiläum, organisierten die Bürger tausende von Straßenpartys, auf den Straßen jubelten ihr die Menschen bei ihrer Rundreise durchs Land zu.

Diesmal geht die Königin auf Zehenspitzen durch das Jubiläumsjahr. „Wenn die Menschen feiern wollen, so ist das ihre Sache“, sagte ein Sprecher aus dem Buckingham-Palast. Die Erwartungen werden heruntergeschraubt, damit niemand hinterher sagen kann, es war eine Pleite. Die Königin hat fünf Wohltätigkeitsorganisationen nominiert, an die man Spenden überweisen möge, aber die Gesamtsumme wird am Ende nicht bekannt gegeben, damit sie nicht zum Gradmesser der Popularität des Königshauses werden kann. Drei von fünf Briten werden den zusätzlichen Feiertag, den ihnen die Queen im Juni schenkt, genauso begehen wie jeden anderen Feiertag – ausschlafen, etwas Gartenarbeit, eine Kurzreise vielleicht. Nur 20 Prozent der 16 bis 24 Jahre alten Untertanen kennen die Namen der Kinder von Elisabeth.

Zwischen Mai und Juli wird sie mit dem Sonderzug im Land herumreisen und auch Schottland, Wales und Nordirland besuchen. Es ist die letzte Fahrt der Royal Train, danach wird sie aus finanziellen Gründen eingemottet. Höhepunkt der Feiern soll das verlängerte Wochenende Anfang Juni sein. Auch das ist eine Art Rückversicherung, denn zur selben Zeit beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft. England muss gegen Argentinien antreten, gegen das man vor erst zwanzig Jahren Krieg geführt hat. Gewinnt man auch im Fußball, färbt die Freude vielleicht ein wenig auf das goldene Thronfest ab; verlieren die Engländer, könnte das als Erklärung für das Desinteresse der Untertanen an ihrer Queen dienen.

Für die Königintreuen, die dennoch eine Feier organisieren wollen, hält der Palast eine Anleitung bereit, eine aufwendige Mappe für die generalstabsmäßige Planung. Die Vorschläge sind bescheiden: „Picknick, Baumpflanzung, Lesungen, Kochkurse, Laternenprozession.“ An die ethnischen Minderheiten, die möglicherweise royalistischer als die eingeborenen Engländer sind, aber eventuell die Sprache nicht können, hat man auch gedacht: Sie können sich die Anleitung kostenlos von den Kommunalbehörden übersetzen lassen.

Die wichtigste Frage, warum man überhaupt feiern soll, wird gleich auf der ersten Seite beantwortet: „Das goldene Thronjubiläum der Königin ist eine einzigartige Zeit im Leben unserer Nation.“ Aber sieht das die Nation genauso? Prinzessin Margaret hat einmal über ihre Schwester Elisabeth gesagt: „Sie ist die Repräsentantin Gottes auf dieser Welt.“ Als Elisabeth am 6. Februar 1952 nach dem Tod ihres Vaters Königin wurde und 1953 bei einer gigantischen Feier die Krone entgegennahm, sah die Welt anders aus. Damals regierte sie über mehr als 50 Kolonien, Großbritannien war eine Weltmacht.

Im 19. Jahrhundert schrieb der englische Verfassungsrechtler Walter Bagehot, dass die Mystik, der Schleier der Entrücktheit des Königshauses vom normalen Leben, unerlässliche Voraussetzung für das Fortbestehen der Monarchie sei. „Heute wissen wir, dass sie streiten, ehebrechen und sich scheiden lassen, wie die normalen Menschen – wenn nicht sogar mehr“, meint der Guardian-Kolumnist Jonathan Friedland, der 1999 in seinem Bestseller „Bring Home The Revolution“ forderte, ähnlich wie die USA im 18. Jahrhundert auch in Großbritannien eine Republik zu gründen.

Das Boulevardblatt Sun warnt, dass die Windsors nur dann noch eine Generation weiter regieren können, wenn sie „ihren Stall ausmisten“ – also die Apanage für den weit verzweigten Clan zusammenstreichen. Der Mirror rät, die Nation solle feiern – und die Königsfamilie danach in die Wüste schicken. „Das neue Britannien ist locker, vielschichtig, demokratisch“, fügt das Blatt hinzu. „Die königliche Familie ist es nicht.“

Trotz alledem – 70 Prozent der Briten wollen die Monarchie, hat eine Umfrage ergeben. Aber so wichtig ist ihnen diese Institution auch nicht, dass eine Mehrheit von ihnen im Juni ausgelassen feiern wird.

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