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Auch Bildung soll bluten

Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) will keinen Bereich von Kürzungen ausnehmen. Die Schulverwaltung will das nicht hinnehmen. Sie pocht auf den Koalitionsvertrag und 4.000 neue Lehrerstellen. Kritik auch aus anderen Ressorts

Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) will trotz Protests aus der Schulverwaltung auch bei der Bildung kürzen. Der gesamte Senat habe sich darauf verständigt, 2,1 Milliarden Euro einzusparen, sagte sein Sprecher Claus Guggenberger der taz. „Dabei kann kein Bereich, auch nicht die Bildung,ausgenommen werden.“

Schulsenator Klaus Böger (SPD) hatte sich zuvor gegen entsprechende Überlegungen seines Parteifreunds Sarrazin gewandt. Der will nach jüngsten Äußerungen ab 2003 auf neue Lehrer wie auf sämtliche Neueinstellungen verzichten, wenn ein so genannter Solidarpakt mit den Beschäftigten im Öffentlichen Dienst scheitert. Rot-Rot will durch einen solchen Pakt die Hälfte des Milliardensparpakets zusammenbekommen.

In ihrem Bündnis haben SPD und PDS vereinbart, in der fünfjährigen Legislaturperiode 4.000 Lehrer neu einzustellen und weitere 1.040 Stellen für pädagogische Verbesserungen zu finanzieren. Darauf pocht jetzt die Schulverwaltung: „Es gilt die Koalitionsvereinbarung. Dort ist die Lehrerzahl festgelegt“, sagte Böger-Sprecherin Rita Hermanns gestern. Sie verwies zudem auf Festlegungen zu den weiteren Bildungsausgaben jenseits der Personalkosten. „Nach diesen abgesprochenen Zahlen erstellen wir bis Ende Februar den Haushaltsplan“, sagte sie.

Kritische Töne drangen auch aus der Justizverwaltung. Es gebe nichts mehr zu sparen, wurde ein Sprecher von Senatorin Karin Schubert (SPD) zitiert. Schubert bleibt damit bei ihrem Kurs, den sie schon vor ihrer Wahl im Abgeordnetenhaus klar gemacht hatte. Dort sprach sie von einer notwendigen Technisierung der Justiz „Dazu braucht man am Anfang etwas Geld, Herr Finanzsenator“, sagte sie im Plenum mit Seitenblick auf den ebenfalls erst später gewählten Sarrazin.

Der muss sich jetzt an weitere Worte aus Schuberts Vorstellungsrede erinnern. Aufbauen könne man nur gegen den Willen vieler Interessengruppen, hatte die damalige Senatorin in spe gesagt. „ Dazu braucht man einen langen Atem, und ich glaube, den habe ich.“

Forderungen meldete gestern auch einer an, der sich vor zwei Wochen aus dem Parlament verabschiedet hatte: der ehemalige FDP-Fraktionschef Günter Rexrodt, weiter Landschef der Liberalen. Er verlangte vom Senat Eigeninitiative bei der Bewältigung der Finanzkrise. Zugleich warnte er davor, zum jetzigen Zeitpunkt auf Hilfen des Bundes zu setzen. „Wenn Berlin jetzt vorprescht, ohne genügend Sparanstrengungen unternommen zu haben, wird der Bund die Tür zuschlagen.“ Ähnlich hatten sich jüngst auch Sarrazin, PDS-Fraktionschef Harald Wolf und die Grünen-Bundestagsabgeordnete Franziska Eichstädt-Bohlig geäußert. STEFAN ALBERTI

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