: Röber darf doch nicht als Sieger gehen
Nach dem 0:1 in Cottbus rückt Hertha BSC Berlin vom Modell der moralisch einwandfreien Trainerentsorgung ab
BERLIN taz ■ Am Ende ging alles recht schnell, und es blieb ganz offenbar noch nicht einmal Zeit, jene zu informieren, die die Entscheidung doch am meisten betrifft. Denis Lapaczinski, 20 Jahre alt und seit dieser Saison Angestellter beim Fußball-Bundesligisten Hertha BSC Berlin, zum Beispiel stieß eher zufällig beim Durchforsten des Videotextes auf die Nachricht, die am frühen Mittwochabend im Hertha-Hauptquartier produziert worden war; auch Sportskamerad Stefan Beinlich, immerhin Mitglied des Mannschaftsrats, wäre anderntags eher ahnungslos zur Übungsstunde gefahren, wenn nicht zuvor das Handy gefiept und ein Journalist ihm diese Frage gestellt hätte: „Paule, was sagst du zur Trainerentlassung?“
Was soll man schon dazu sagen, dass sich Hertha nun doch noch vorzeitig von Jürgen Röber getrennt hat, nur einen Tag, nachdem auch das dritte von vier Spielen im neuen Jahr verloren gegangen war? „Ich habe noch nicht damit gerechnet“, gab Lapaczinski immerhin zu, während Kollege Beinlich „lügen müsste, wenn ich sage: Es ist aus heiterem Himmel gekommen.“ Nun will natürlich niemand, dass Paule lügt – und deshalb ist die ganze Trennungsgeschichte in der Tat das, was die Berliner Zeitung in ihre Headline presste: Eine erwartete Überraschung.
Denn zweifelnde Stimmen hatte es gleich gegeben, die da der Meinung waren, dass die ganze Chose nie und nimmer so funktionieren würde, wie Hertha-Manager Dieter Hoeneß das kurz vor Weihnachten ziemlich großspurig verkündet hatte, damit sich die ganze Branche ein Beispiel nehmen könne am Berliner Modell der moralisch einwandfreien Übungsleiterentsorgung: dass man den guten Trainer Röber weiter arbeiten lasse bis Saisonende, ihm darüberhinaus aber den Vertrag nicht verlängere; für so gut hielt man den Mann, der sechs Jahre segensreich im Verein gewirkt und Hertha von Liga zwei bis in die Champions League geführt hatte, denn doch nicht mehr. „Ich wünsche mir, dass Jürgen Röber Berlin so verlassen kann, wie er es verdient: als Sieger“, hatte Hoeneß damals dennoch gesagt.
Nur drei Niederlagen später kann davon keine Rede mehr sein. „Der Verein ist sich im Klaren, dass die Entscheidung, die in der Winterpause aus voller Überzeugung getroffen wurde, revidiert werden muss“, heißt es nun lapidar in jenem Fax, das am Mittwoch den Berliner Sportredaktionen zuging und in dem die sofortige Trennung bekannt gegeben wurde, die natürlich einvernehmlich beschlossen wurde. „Ich hatte den Eindruck, dass Jürgen Röber die Notwendigkeit dieser Entscheidung voll eingesehen hat“, glaubt Manager Hoeneß. Der Tagesspiegel will gar wissen, dass der Trainer schon nach dem Pokal-Aus gegen Köln in der Vorwoche den Rücktritt angeboten habe, was so unlogisch nicht ist: Den Gewinn des Potts hatte der 48-Jährige stets als sein letztes Ziel mit Hertha hervorgehoben.
Hoeneß aber habe zu jenem Zeitpunkt noch abgelehnt, am Mittwoch, nach einer langen Sitzung des Aufsichtsrats, ist dann aber doch die Entscheidung gereift, „dass eine Beurlaubung der notwendige Schritt ist“, dafür nämlich, die Verkrampfung der Mannschaft lösen und sie doch noch ins internationale Geschäft hieven zu können. Röber, dem der Rauswurf angeblich mit 500.000 Euro versüßt wird, hat man das nicht mehr zugetraut.
Den Job übernimmt ab sofort Amateurtrainer Falko Götz (39), ihm als Assistent zur Seite steht der ehemalige Nationalspieler Andreas Thom (36). Beide sollen die vermaledeite Saison mit Hertha zu Ende bringen. „Ein Neuer hätte eine ganze Zeit gebraucht, um Stärken und Schwächen der Spieler kennen zu lernen“, begründet das Hoeneß. Und spätestens im Sommer kommt ohnehin Huub Stevens zur Hertha. FRANK KETTERER
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