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Mitreden beim Musikfest

■ Wer bezahlt, bestellt die Musik? Von wegen. Der Wirtschafts-Senator muss akzeptieren, dass sein Kultur-Kollege beim Festival Einfluss nimmt

Eigentlich hätte unter die Debatte zum Musikfest ein Schlussstrich gezogen werden sollen. Die Wirtschafts-Deputierten der Bürgerschaft tagte, dir Abgeordneten hatten ein schönes Gutachten des Institutes für Kultur-Markt-Forschung „Metrum“ über das Musikfest vorliegen.

Dem Papier zufolge ist das Musikfest „verbesserungswürdig“ in den Bereichen „Planung, Controlling und programmatische Ausrichtung“ ist, aber im Prinzip im jährlichen Rhythmus fortgesetzt werden sollte – auf hohem Niveau mit einem stabilen staatlichen Zuschuss von 882.000 Euro pro Jahr (vergleiche taz vom vergangenen Dienstag).

Da aus dieser Summe derzeit noch aufgelaufene Altschulden abbezahlt werden müssen, würde dies de facto eine Erhöhung des ursprünglich einmal geplanten Zuschusses um 43 Prozent bedeuten.

Gleichzeitig soll das Musikfest kürzer werden, auf drei Wochen begrenzt, und die Ticket-Einnahmen sollen im Plan-Jahr 2003 um 37 Prozent höher ausfallen als im Vergleichsjahr 1999, schlagen die Gutachter als „Zielsetzung“ vor. Die Sponsoren sollen nicht mehr wie bisher erhebliche Freikartenkontingente bekommen. Und schließlich sollte darauf verzichtet werden, ungewöhnliche (Industrie-)Räume mit viel Aufwand zu Konzertsälen herzurichten.

Wenn es nach Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) gegangen wäre, dann hätten die Wirtschaftsdeputierten dies als „Neupositionierung“ des Musikfestes für den Zeitrum 2003-2006 abgesegnet. Aber die SPD stellte sich quer: „Es geht ja nicht nur um die Finanzen“, sagt die wirtschaftspolitische Sprecherin der SPD, Eva-Maria Lemke-Schulte, dazu.

Zwar werde die Staatsknete für das Musikfest vom Wirtschaftssenator verwaltet, aber es könne da ja nicht so einfach nach dem Motto gehen: „Wer bezahlt, bestellt die Musik“. Lemke-Schulte (SPD) im Klartext: „Der Kultur-Senator muss eine Chance haben, dazu etwas zu sagen.“

Der Kultur-Senator, so findet auch die in dieser Frage engagierte SPD-Kultursprecherin Carmen Emigholz, sollte die Chance haben, das neue Modell auf mögliche „Synergieeffekte“ mit den anderen Kultureinrichtungen im Bereich der klassischen Musik hin abzuklopfen, also mit der Glocke, dem Philharmonischen Staatsorchester, eventuell sogar der Kammerphilharmonie. Auch im Management- und Marketing-Bereich könnte sich Emigholz „Synergien“ vorstellen.

Nachdem die Glocke-Chefin Ilona Schmiel, die gleichzeitig Musikfest-Geschäftsführerin war, aus Protest gegen das Regime der Wirtschafts-Leute über die Kultur Anfang des Jahres das Handtuch geworfen hat, ist das Verhältnis zwischen Glocke und Musikfest offen. Zum Staatsorchester und zur Kammerphilharmonie, die aus dem Kulturetat finanziert werden, bestand bisher ein freundlich konkurrierendes Nebeneinander.

„Mein Kriterium ist allein die Qualität“, sagt der Intendant des Musikfestes, Prof. Thomas Albert. Das bedeutete bisher, dass die Bremer MusikerInnen höflich anklopfen mussten, wenn sie auch einmal am Rande dabei sein wollten beim Bremer Musikfest.

Als die Kulturdeputation am vergangenen Freitag die Chance bekommen sollte, „auch etwas dazu zu sagen“, da gab es einen kleinen Eklat: Das Gutachten und der Vorschlag des Wirtschaftssenators für die „Neupositionierung“ des Musikfestes war an die Kultur-Vertreter der Parteien nicht einmal verschickt worden. Selbst die CDU-Kultursprecherin Sigrid Köstermann hatte das Papier ihres CDU-Senators nicht.

„Die waren stocksauer“, plaudert Helga Trüpel aus der internen Sitzung – die Grüne war informiert, weil sie eben auch zu den Kulturpolitikern „erster Klasse“ gehört, nämlich zu denen, die auch in der Wirtschaftsdeputation sitzen.

Die Verärgerung war parteiübergreifend – und damit sich die gewählten Volksvertreter für Kultur eine Meinung bilden können zum Thema Bremer Musikfest, soll nun die Entscheidung erst Mitte März getroffen werden – dann tagen wieder die Abgeordneten der Wirtschafts-Deputation.

Bis dahin wird vielleicht auch klarer sein, ob es eine Nachfolgerin für die Glocke-Geschäftsführerin Ilona Schmiel geben soll und ob die mehr oder weniger zu sagen haben wird als ihre Vorgängerin.

Klaus Wolschner

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