: Schlechtwetterlage in Kabul
Bundesaußenminister erwartet Konsequenzen für die UN-Schutztruppe nach Mord an Minister. Soldaten geraten in Kabul in eine Schießerei. Fischer-Besuch wegen Schneetreibens abgesagt
TASCHKENT/KABUL taz/dpa/ap ■ Angesichts einer sich zunehmend verschlechternden Sicherheitslage in Kabul könnte die UN-Schutztruppe Isaf möglicherweise verstärkt und ihr Mandat erweitert werden. Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) erwartet, dass der UN-Sicherheitsrat Konsequenzen aus der Ermordung des afghanischen Luftfahrtministers Abdul Rachman zieht. UN-Generalsekretär Kofi Annan habe bereits Gespräche darüber mit mehreren Ländern aufgenommen, darunter Deutschland, sagte Fischer im taz-Interview. „Am Ende wird man über Konsequenzen entscheiden“, kündigte der Außenminister an.
Ein Besuch Fischers in Kabul musste wegen schlechten Wetters abgebrochen werden. Fischer kam nur bis ins usbekische Taschkent. Deshalb fällt auch der für heute geplante Besuch des afghanischen Regierungschef Hamid Karsai in Deutschland aus. Fischer wollte Karsai ursprünglich auf dem Rückflug nach Berlin mitnehmen.
Bisher ist die Stärke der UN-Truppe vom UN-Sicherheitsrat auf 4.500 Mann festgelegt. Davon befinden sich derzeit etwa 2.500 Soldaten in Afghanistan. Sie werden ausschließlich in der Hauptstadt Kabul eingesetzt. Experten beziffern die notwendige Stärke einer internationalen Einheit zur Befriedung des ganzen Landes auf 30.000 Mann.
Karsai forderte am Wochenende ein verstärktes Engagement der Schutztruppe. Wenn sich die Lage in Kabul weiter verschärfe, müssten sich die Isaf-Soldaten noch mehr als bisher an gemeinsamen Patrouillen beteiligen. Der Regierungschef kündigte an, für die Mörder des Ministers werde es „keine Milde geben“. Die Regierung macht Feinde des getöteten Ministers innerhalb der Nordallianz für die Tat verantwortlich. Fünf Verdächtige wurden festgenommen, nach zwei angeblichen Hintermännern wird noch gefahndet. Drei Hauptbeschuldigte entkamen mit einem Pilgerflug nach Saudi-Arabien.
Erstmals seit Beginn ihres Einsatzes kam es in der Nacht zum Samstag zu einem Schusswechsel zwischen der UN-Truppe und bewaffneten Afghanen. Sechs britische Soldaten auf einem Beobachtungsposten erwiderten das Feuer. Bei Tagesanbruch entdeckte eine Patrouille ein Auto mit Einschüssen und fand in einem nahe gelegenen Haus die Leiche eines Mannes. Er gehörte zu einer Gruppe von Zivilisten, die eine schwangere Frau zur Entbindung ins Krankenhaus bringen wollte. Unklar blieb aber, wer zunächst geschossen hatte und durch wessen Kugeln der Mann ums Leben kam.
Ein australischer Soldat einer Elitetruppe wurde bei der Explosion einer Mine im Süden Afghanistans getötet. US-Kampfflugzeuge griffen im Osten Afghanistans einen Ort in der Provinz Paktia an. Dort lieferten sich Clanmilizien nahe der Stadt Gefechte. KLH
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