: Das war nur Politik
lnnensenator erklärt, warum 23 Azubis trotz gegenteiliger Versprechen nicht in den öffentlichen Dienst kommen
Eine Politik der „sozialen Kälte“ hatte der Rat der Bürgermeister dem Senat Ende letzter Woche vorgeworfen. Der Vergleich bezog sich auf 360 Beamtenanwärter, die nach Abschluss ihrer Ausbildung von den Bezirken nicht in ein zeitlich befristetetes Anstellungsverhältnis übernommen werden können. Das gleiche Schicksal droht 23 Regierungssekretäranwärtern, die gestern mit Unterstützung der Opposition bei einer Sitzung des Innenausschusses im Abgeordnetenhaus auf ihre Situation aufmerksam machten.
Die 23 Frauen und Männer waren waren 1999 unter rund 3.000 Bewerbern für eine Ausbildung zum Beamtenanwärter des mittleren Dienst ausgesucht worden. Aber statt zum 1. März 2002 auf Probe eingestellt zu werden, „werden sie nun Sozialhilfe beantragen müssen“, beschrieb Wolfgang Wieland (Grüne) die Lage. „So kann man nicht mit jungen Leuten umgehen.“
Innensenator Ehrhart Körting (SPD) bestätigte, dass sein Vorgänger, Eckart Werthebach (CDU), und dessen Staatssekretärin im Jahr 2000 und 2001 Absichtserklärungen für eine Weiterbeschäftigung der Auszubildenden abgegeben hätten. Das seien aber politische Äußerungen gewesen, aus denen kein Rechtsanspruch abzuleiten sei. „Wir bemühen uns aber um Einzellösungen“, versicherte Körting. Er will versuchen, die 23 Anwärter bei Bezirken oder Bundesministerien unterzubringen.
Der Berliner Senat stehe nun einmal vor dem Problem, 500 Millionen Euro im öffentlichen Dienst ohne Solidarpakt einsparen zu müssen, verteidigte Körting in einer engagierten Rede sein Konzept. 12.000 bis 15.000 Stellen könnten nur sozialverträglich abgeschmolzen werden, wenn frei werdende Stellen nicht mehr besetzt würden. Wenn sämtliche derzeit in den Landes- und Bezirksverwaltungen in Ausbildung befindlichen Beamtenanwärter eingestellt würden, hätte dies zur Folge, dass die Zahl der Stellen bis zum Jahr 2004 wieder um 1.000 erhöht werden müsste. „Zurzeit gibt es um jede einzelne Sparmaßnahme die Diskussion“, echauffierte sich Körting mit Hinweis auf die Debatte um die Auflösung der Reiterstaffel. „So kann man die Stadt nicht regieren. Dann sollte man ehrlich sein und sagen: Wir machen zu Lasten unserer Kinder noch mehr Schulden, bloß um dem Konflikt aus dem Weg zu gehen.“
Ihm sei nicht vorzuwerfen, für den Erhalt der Reiterstaffel gewesen zu sein, entgegnete Wieland. Körtings „Philippika“ zeige aber, wie sehr dessen Nerven blank lägen. Das „Aussperren der junge Leute“, so die Vermutung des Grünen, „wird als Druckmittel benutzt, damit der Solidarpakt zustande kommt.“
PLUTONIA PLARE
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen