: Le Jungé mit dem Puschelmikrophon
■ Unser Lieblings-TV-Franzose Alfons hatte am Dienstag mit seiner eigenen Show im Jungen Theater Premiere
Seine Fernsehauftritte sind kaum zu toppen, da kann Emmanuel Peterfalvi sich auf der Bühne noch so komisch als der trottelige, linkische und schlechtangezogene Alfons gebärden.
Wundervoll Sinn macht dieser Witzfranzose nämlich erst dann, wenn er in deutschen Straßen und Wochenmärkten auf Passanten losgelassen wird, die angesichts dieses so harmlos wirkenden Ausbunds an Inkompetenz mit riesigem Puschelmikrophon und der Flipchart, von der er mühsam und mit schwerstem Akzent seine Fragen ablesen muss, all ihre Verteidigungsstrategien vor einer Kamera fallen lassen. Dann geben sie ihm Antworten auf seine hundsgemeinen Fragen, die das „Volksempfinden“ so ungefiltert wiedergeben, dass man nicht weiß, ob man lachen, oder sich gruseln soll: „Wer iist nach ihreer Meinhung gruundsätzlich fauleer – ein Arbeitsloseer odeer ein Auslähndeer?“ „Dann doch eher der Ausländer!“
Diese Kunstfigur (in „Extra 3“ und „Panorama“ zu bewundern) hat Peterfalvi nun zum Star einer eigenen Bühneshow gemacht und setzt dabei sehr auf den Wiedererkennungswert. Er kommt mit seinen Requisiten auf die Bühne und ist – schwupp – sofort in seiner Rolle. Mikro und Chart haben hier keinerlei Funktion, sondern gehören zur Figur wie die orangefarbene Trainingsjacke, die nassen Haarsträhnen an der Stirn und der aus der schlechtsitzenden Hose quellende Bauch.
Und weil ja inzwischen alle Welt diesen Alfons kennt, ist er ein Popstar. Als solcher präsentiert er sich nun in seiner Show, singt einen grauenhaften Song, läuft plötzlich mit einer roten Glitzerjacke herum, entwickelt bald Starallüren und will vom weiblichen Publikum mit Unterwäsche beworfen werden. Dies passt seiner in ihn vernarrten Nachbarin Marie gar nicht, aber Alfons muß sich erstmal austoben, bis er die wahre Liebe pünktlich zum Showfinale erkennt.
Dieser Plot ist schon sehr geschickt auf den trotteligen Alfons mit seinen Anti-Sex-Appeal massgeschneidert, und im Vergleich mit ähnlich konzipierten Comic-Programmen schneidet die „Alfons-Show“ auch gar nicht schlecht ab. Doch im Fernsehen ist seine Realsatire etwas Einmaliges, hier macht er amüsante Witze.
Er singt zwar auch mehr schlecht als recht ein paar Lieder, das muß man als Popstar ja wohl machen, aber zur „musikalischen Revue“ wird die „Alfons-Show“ durch seine beiden Mitspieler Susanne Schrader (mit einem schönen, kräftigen Sopran) und Mark Scheibe, der seine typischen musikalischen Dadaismen wie bei vielen Auftritten im Jungen Theater vorführt. Er ist der schmierige Moderator, er komponiert spontan auf Texteinwürfe aus dem Publikum hin ein Lied, er doziert über das „Böse im Außen und Innen“ eines Eies. Meist spielt er das Klavier, aber auch schon mal Tuba und Schlagzeug gleichzeitig, und Alfons singt dazu ein Loblied auf den Hamburger Fernsehturm.
Die beiden finden mit ihren ganz unterschiedlichen humoristischen Stilen nicht immer zueinander, und so gibt es ein paar Stellen, an denen das Programm ziemlich durchhängt. Nicht jede Idee zündete, Susanne Schrader sorgte etwa als „böser Pophase“ eher für Irritation als für Lacher, aber als in Alfons verschossene Nachbarin war sie wunderbar überdreht. Und Emmanuel Peterfalvi hat wie jeder wirklich gute Clown das eine Schlüsselwort – sein „Akrobat schöön“ – gefunden, mit dem alleine er seine Figur auf den komischen Punkt bringen kann: Nach knapp fünf Minuten auf der Bühne braucht er nur noch „schlímm“ zu sagen, und alle lachen. „Schlímm“ natürlisch avec l'accent aigu.
Wilfried Hippen
Die „Alfons-Show“ läuft noch bis Samstag um 20.30 Uhr im jungen Theater am Güterbahnhof, Tor 48
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen