piwik no script img

Ein leidenschaftlich ewig Lernender

■ „John Neumeier – Ein Leben für den Tanz“: Das NDR-Fernsehen zeigt am Sonntag eine Dokumentation zum 60. Geburtstag des Hamburger Ballettchefs

„Ich halte zwar nicht viel von Geburtstagen“, so John Neumeier, „aber für dieses filmische Festhalten bin ich dankbar.“ Der NDR strahlt anlässlich des 60. Geburtstags von Neumeier ein 45-minütiges Porträt aus, in dem nicht nur seine rasante Karriere als Tänzer, Choreograph und Ballettintendant gezeigt, sondern auch sein künstlerisches Verdienst für die Stadt Hamburg gewürdigt wird. Von offiziellen Ehrungen von Seiten des Senats ist dagegen bislang nichts bekannt.

Autor Jan-Peter Gehrckens blickt hinter die Kulissen bei Probenarbeiten und zeichnet wichtige Stationen Neumeiers künstlerischer Laufbahn nach. Bilder aus den 60ern – seiner Zeit beim Stuttgarter Ballett unter John Cranko – zeigen ihn als stürmischen, leidenschaftlichen Tänzer, wo er später zum Solisten avancierte und seine ersten Choregraphien schuf. „Ich will den Sinn, die Emotionen zwischen den Noten-Partituren choreographieren“, sagt Neumeier. Als er 1973 von August Everding an die Alster geholt wurde, lag das Hamburg Ballett brach. Erst unter Neumeiers Leitung wurde es zu einer der führenden Compagnien der deutschen Tanzszene und erhielt schnell internationale Anerkennung.

John Neumeier hat viel für den Tanz und die Stadt Hamburg getan. So gründete er nicht nur 1989 das Ballett-Zentrum mit angeschlossenem Internat, in dem er immer wieder seine Gabe beweist, verborgene Talente zu entdecken. Auch hat er, nach anfänglich starkem Gegenwind, im Laufe der Jahre eine fast euphorische Ballett-Begeisterung bei den Hamburgern erzeugt.

Neben John Neumeier lässt der Film viele seiner Weggefährten und Tanzlegenden zu Wort kommen: Maurice Béjart, Marcia Haydee sowie Solisten seines Ensembles wie Heather Jurgensen und Lloyd Riggins. Das Geheimnis von Neumeiers großer künstlerischer Schaffenskraft liegt in seiner unaufhörlichen Suche nach Wahrhaftigkeit in der Kunst. Bezeichnend hierfür sind die Worte von Ballettmeister Kevin Haigen: „Er ist ein großer Lehrer und Choreograph, weil er ein so großer Lernender ist. Ich glaube, er lernt jeden Tag etwas Neues dazu.“ Der Film John Neumeier – Ein Leben für den Tanz“ ist ein Muss, nicht nur für Ballett-Fans. Stefanie Conrad

Sonntag, 11 Uhr, NDR; Tag der offenen Tür im Ballettzentrum: Sonnabend, 23.3., 11–17 Uhr, Caspar-Voght-Straße 54

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen